Das viel zitierte arabische Sprichwort, demzufolge das Glück dieser Erde auf dem Rücken der Pferde liege, ist auch bestens geeignet, um die große Popularität von Reiterferien und Reiterreisen poetisch zu erklären. Für passionierte Pferdefreunde kann es natürlich keinen schöneren Urlaub als denjenigen mit ihrem erklärten Lieblingstier geben.
Doch nicht nur für professionelle Reiter ist die Reise hoch zu Ross durch noch unbekannte Gefilde ein einzigartiges und unvergessliches Erlebnis. Auch für hippologisch interessierte Anfänger bildet ein Reiturlaub auf dem Reiterhof oftmals den Auftakt für eine lebenslange Leidenschaft.
In der Praxis werden Reiterferien sowie Reiterreisen von den kommerziellen Anbietern und Veranstaltern meistens nach Art und Weise des Aufenthalts bzw. Verlaufs unterschieden: Für bereits erfahrene Reiter empfiehlt sich speziell das mehrtägige sog. Wanderreiten mit Tagesdistanzen von bis zu ca. 30 Kilometern in maximal 8 Stunden, bei denen längere Strecken zurückgelegt werden und jede Nacht an einem anderen Ort übernachtet wird.
Gemächlicher sowie gemütlicher geht es hingegen bei stationären Reiterferien zu, bei dem neben täglichen Ausritten auf lokalen und regionalen Reitwegen in der näheren Umgebung und dem Erlernen der grundlegenden Gangarten auch die wichtigsten Pflegetechniken wie Füttern, Führen, Satteln und Striegeln im Mittelpunkt stehen.
Die beiden zweifellos international bekanntesten Destinationen für Reiturlaub aller Art sind die USA und Kanada, wo Pferde teilweise regional noch heute sowie deutlich stärker als in Europa eine wichtige Rolle im Alltag und Wirtschaftsleben spielen. Nichtsdestotrotz gibt es auch auf dem „Alten Kontinent“ viele geradezu zauberhafte Orte, Gebiete und Gegenden für einen rundum gelungenen Reiturlaub. Je nach Ausstattung und Art der Unterkunft bzw. Dauer der Reiterferien kostet eine Woche Reiturlaub in Deutschland und anderen Ländern Europas aktuell zwischen etwa 350 und 800 Euro pro Person.
Reiterferien und Reiterreisen in Deutschland
Reiterhöfe und Wanderreitwege finden sich in großer Auswahl im gesamten Bundesgebiet, doch die meisten Stationen und Strecken gibt es in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz sowie im „Pferdeland“ Niedersachsen. Besonders beliebt bei Familien mit Kindern sind die landschaftlich so reizvollen und abwechslungsreichen Regionen rund um den Bodensee und im Schwarzwald, die Fränkische Schweiz und Oberpfalz im Nordosten Bayerns sowie die vielen traditionsreichen Reiterhöfe in Niedersachsen entlang und nahe der Nordseeküste und in der Lüneburger Heide. Ein berühmter Fernreitweg ist der 386,8 Kilometer lange „Deutsche Reiterpfad Nr. 1“ zwischen Flensburg und Basel. Für Ausflüge im Reiturlaub bieten sich auch bestens die jeweiligen Haupt- und Landesgestüte mit ihren regelmäßigen Hengstparaden und Gespannvorführungen an. Die teils Jahrhunderte alten Institutionen befinden sich in Redefin (Mecklenburg), Zweibrücken (Rheinland-Pfalz), Celle (Niedersachsen), Warendorf (Nordrhein-Westfalen), Moritzburg (Sachsen), Dillenburg (Hessen), Schwaiganger (Bayern), Neustadt/Dosse (Brandenburg) und Marbach (Baden-Württemberg).
Reiterferien und Reiterreisen in Frankreich
Innerhalb Europas gilt Frankreich unter Kennern als das Land für Pferdeliebhaber. Zeugnis dessen ist nicht zuletzt die Aufnahme der französischen Reitertradition in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der Vereinten Nationen im Jahr 2011. Schon im späten 16. Jahrhundert wurde das international gebräuchliche Wort „Kavallerie“ für berittenes Militär vom französischen Ausdruck „cavalerie“ abgeleitet. Die hohen nationalen Standards im Reitsport verdankt Frankreich als weltweit größter Exporteur von Pferden auch der 1828 gegründeten Militärreitschule „Cadre Noir“ in Saumur (Pays de la Loire). Im Nationalgestüt Le Pin-au-Haras (Normandie) werden 40 Prozent aller französischen Rennpferde und 30 Prozent aller französischen Sportpferde gezüchtet. Reiturlaub wird im ganzen Land angeboten, es existieren ca. 8.600 Reitvereine, 5.000 Reitzentren und 400 Zentren für Reittourismus. Mit zu den beliebtesten Regionen für Wanderreiten gehören die Camargue, Côte d’Azur (Provence) und Pyrenäen im Süden und Südwesten sowie die Vogesen im Elsass im Nordosten.
Reiterferien und Reiterreisen in Spanien und Portugal
Spanien und Portugal spielten historisch betrachtet gleichermaßen gewichtige Rollen bei der Verbreitung des Reitens in Europa. Auf der Iberischen Halbinsel waren Pferde bereits in der Altsteinzeit bekannt. Endgültig zum gewohnten Haus- und Nutztier wurden sie durch die Herrschaft der nordafrikanischen Mauren über das Land vom 8. bis 15. Jahrhundert, welche die Tiere sowohl in der Landwirtschaft als auch im Militär einsetzten. Pferdefreunde kennen die typische iberische Reitkunst unter deren Namen „Doma Clásica“. Diese bis in den Barock zurückreichende Disziplin wird noch immer an der „Königlich-Andalusischen Hofreitschule“ in Jerez de la Frontera bei Cadiz sowie der „Portugiesischen Schule der Reitkunst“ in Belém bei Lissabon gelehrt. Deren klassische Gangarten wie der „Spanische Schritt“ (betontes Heben des Vorderhufs) und „Spanische Tritt“ (Passagieren) sind jedoch für Reiturlaub in Spanien und Portugal keineswegs von Nöten. Die meisten Angebote für tolle Reiterferien vor traumhafter landschaftlicher Kulisse gibt es an der Algarve im Süden Portugals sowie an der Costa del Sol und Costa de la Luz in Andalusien, von wo auch die weltberühmte Pferderasse „Andalusier“ stammt.
Reiterferien in Großbritannien und Irland
Englische sowie irische Geschichtsbücher sind gleichermaßen gut gefüllt mit epischen Erzählungen und Heldensagen von siegreichen Schlachten, bei denen bis an die Zähne bewaffnete Ritter auf Rössern alle möglichen Feinde besiegten. Angesichts dieser stolzen Tradition, die sich auch in der britischen Begeisterung für Pferderennen und Pferdewetten ausdrückt, verwundert es nicht, dass Großbritannien sowie Irland jeweils mit vielen tollen Angeboten für Pferdeurlaub aufwarten. Zahlreiche schwärmende Berichte von Urlaubern über atemberaubende Ausritte loben insbesondere die Küstenabschnitte von Cornwall und Wales. Auch die Nationalparks Dartmoor und Exmoor in den Grafschaften Somerset und Devon im Südwesten des Vereinigten Königreichs werden gerne und häufig mit Pferden aufgesucht. An der englischen Ostküste bei Newmarket (Suffolk) liegt mit „The National Stud“ (Nationales Gestüt) ein altehrwürdiger Vollblutpferdezuchtbetrieb. In Irland genießen speziell die Provinzen Antrim, Cork, Clare, Mayo sowie Burren, Connacht, Dublin, Munster und die Umgebung der Stadt Westport einen ausgezeichneten Ruf für Reiterferien.
Island und Schweden
Als eine der am dünnsten besiedelten Regionen in Europa begeistert Skandinavien seine Gäste mit malerischen und vielerorts noch nahezu unberührten Naturlandschaften. Hier ist man auf dem Pferd noch wie vor Jahrhunderten fast alleine entlang wilder Flüsse, dunkler Seen und endloser Wälder unterwegs. In ganz Schweden stehen Reitern Hunderte von Kilometern eigens markierter Strecken („Ridled“) für das Wanderreiten zur Verfügung. Zu den meistgenutzten Wegen zählen diejenigen durch den Nationalpark „Tiveden“ (Provinz Örebro län), in der Umgebung von Tidaholm (Provinz Västra Götaland) sowie die Strecken in der südlichen Provinz Småland. Ein Ritt auf dem recht kleinen, aber dafür robusten und muskulösen Islandpferd ist zweifellos ein besonderes Erlebnis für jeden Reitfreund. Zwar liegen die Preise für zwei- bis achttägige Reitferien mit Ausflügen vorbei an dampfenden Geysiren und majestätischen Vulkanen etwa in Selfoss (Árborg), Hvolsvöllur, Hvammur, Þingvellir, Þjórsá, Skagafjörður und Varmahlíð deutlich über denjenigen im Rest Europas. Dafür sehen Reiter jedoch auch märchenhafte Landschaften, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt.