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Bremerhaven
Bild: Emma Sauer

Bremerhaven – das ideale Ziel für ein verlängertes Wochenende

Hamburg, Berlin und Bremen, das sind Deutschlands Stadtstaaten. Alle sind Bundesland und Kommune zugleich, wobei Bremen noch eine weitere Sonderstellung inne hat: Zur Hansestadt an der Weser gehört außerdem das rund 60 Kilometer entfernte, vom Bundesland Niedersachsen umgebene Bremerhaven. Gut 117.000 Einwohner zählt die Exklave, die damit die einzige Großstadt an der deutschen Nordseeküste ist.

Genau genommen beginnt die Nordsee allerdings erst nördlich des Stadtgebiets, doch das fällt angesichts der Breite, die die Wesermündung in Höhe Bremerhavens hat, kaum auf. Das Auge nimmt es – im wahrsten Sinne des Wortes – als fließenden Übergang wahr.

Bremerhaven – Mit einem Strukturwandel von der Vergangenheit in die Zukunft

Thieses Garten Bremerhaven
Thieles Garten, Bild: Emma Sauer

Lange war die erst knapp 200 Jahre alte Stadt, auf deren Geschichte sich das Historische Museum am Geesteufer konzentriert, eine Hochburg der Fischerei und des Schiffbaus. Die Kabeljau-Kriege in den 1970er Jahren und die wenig später beginnende Werftenkrise zwangen jedoch zur Entwicklung neuer wirtschaftlicher Standbeine:

Seitdem wird – begünstigt durch die Ansiedlung des Alfred-Wegener-Instituts und anderer Einrichtungen – verstärkt auf die Forschung, den Auto-Umschlag, die Offshore-Wind- und Lebensmittelindustrie und nicht zuletzt den Tourismus gesetzt.

Über 450.800 Hotel-Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr von Bremerhaven-Besuchern gebucht, die sich durchschnittlich zwei Tage in der Stadt aufhielten. Mit „insgesamt mehr als 1,81 Millionen Gästen“ beziffert Raymond Kiesbye, Geschäftsführer der Erlebnis Bremerhaven GmbH, das Aufkommen. Nicht über ein Plus freuen konnten sich hingegen die Museen und touristischen Einrichtungen der Seestadt: Ihre Bilanz schloss mit einem leichten Minus ab.

Anziehungspunkte in der Bremerhavener Stadtmitte

Bremerhaven, Auswandererhaus
Das Auswandererhaus, Bild: Emma Sauer

Weit oben in der Gunst des Interesses liegen nach wie vor das mit der Entwicklung des innenstädtischen Bereichs Havenwelten entstandene Auswandererhaus und das Klimahaus.

In ersterem lassen sich Geschichten deutscher Auswanderer nacherleben, die einst per Schiff an der Bremerhavener Columbuskaje zu einem neuen Leben in den USA aufbrachen. Seit 2012 legt das vielfach preisgekrönte Museum einen weiteren Schwerpunkt auf die Einwanderung nach Deutschland. Nur wenige Schritte entfernt eröffnete im Juni 2009 das futuristisch anmutende Klimahaus.

Auf gut 18.800 Quadratmetern können die Besucher hier auf eine virtuelle Weltreise entlang des 8. östlichen Längengrads gehen, um an den verschiedenen Stationen mit klimatischen Erscheinungen und den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert zu werden.

Ebenfalls nur einen Katzensprung entfernt lassen sich mit dem Zoo am Meer und dem Schifffahrtsmuseum zwei weitere und ungleich renommiertere Attraktionen der Seestadt erkunden. Für letzteres kann derzeit allerdings weniger Zeit einkalkuliert werden, denn das vor über 40 Jahren in Betrieb genommene Hauptgebäude wird bis 2021 renoviert und umgestaltet.

So lange können nur die Kogge-Halle sowie das Außengelände und die Museumsschiffe im Alten Hafen besichtigt werden. Noch älter ist der 1928 als Tiergrotten eröffnete, am Fuße des Loschen-Leuchtturms gelegene Zoo am Meer. Seit seinem letzten Umbau zwischen 2000 und 2004 zeigt sich die Anlage in kompletter Neukonzeption, und die knapp 300 größtenteils nordischen und wasserlebenden Tiere – darunter Eisbären, Robben und Pinguine – werden in attraktiven, naturnahen Gehegen präsentiert.

Bremerhaven, Sail City
Die Sail City-Aussichtsplattform, Bild: Emma Sauer

Eine feste Größe im Programm wohl jedes Bremerhaven-Besuchers ist der Weserdeich. Mit langen Bänken und Flutstufen lädt er zum ausgiebigen Schiffegucken ein. Wer Bremerhaven und sein Umland aus der Luft erleben will, kann sich direkt hinter dem Deich per Aufzug zur 86 Meter hohen, umlaufend verglasten Aussichtsplattform des Sail City Hotels bringen lassen.

Weitere neun Meter höher befindet sich eine zweite Plattform, die windoffen ist und über eine Treppe erreicht wird. Zum Greifen nah erscheint von hier aus auch der 114 Meter messende Radarturm, dessen witterungsgeschützte, barrierefreie Aussichtsplattform in 66 Metern Höhe liegt.

Über den touristischen Tellerrand hinausgucken

Bremerhaven, Radarturm
Der Radarturm in Bremerhaven, Bild: Emma Sauer

Gut 15 Kilometer Distanz liegen zwischen Wulsdorf im Süden und Weddewarden im Bremerhavener Norden. Die Topografie macht es Besuchern also wahrlich nicht leicht, einschlägige Pfade zu verlassen und Stadtteile außerhalb des Zentrums zu erkunden. Doch es lohnt sich, um auch Seiten Bremerhavens kennenzulernen, die es lange vor einem florierenden Tourismus in der Stadt gab.

Thieles Garten im Stadtteil Leherheide ist einer dieser Orte: Auf etwa 20.000 Quadratmetern legte die Künstlerfamilie Thiele einen so beeindruckenden wie skurrilen Skulpturengarten an, der seit 1990 auch öffentlich zugänglich ist und sich als kulturelle Veranstaltungsstätte einen Namen gemacht hat. Auch Lehes Ortsteil Speckenbüttel ist für einen Abstecher empfehlenswert: Der gleichnamige Park gehört zu den grünen Lungen der Seestadt, und beim Besuch des Freilichtmuseums mit seinem Geestbauernhof und dem Marschenhaus lassen sich Einblicke in das bäuerliche Leben vergangener Jahrzehnte gewinnen.

Freilichtmuseum mit Geestbauernhof
Das Freilichtmuseum mit Geestbauernhof, Bild: Emma Sauer

Auch weiter südlich, im Stadtteil Geestemünde, lädt Grünes zu Spaziergängen ein: Direkt hinter dem Hauptbahnhof liegt der Eingang zum 64 Hektar großen Bürgerpark mit Wiesen- und Waldflächen, dem Bootsteich und gestalteten Gartenanlagen.

Hier begegnet man auch der ältesten Skulptur von Hein Mück, der Bremerhavener Symbolfigur, die ab 1930 durch den Schlager „Hein Mück aus Bremerhaven“ bekannt wurde, den nicht zuletzt die in Bremerhaven-Lehe geborene Lale Andersen populär machte. Ein weiterer Anziehungspunkt im Stadtteil ist der Wochenmarkt auf dem Konrad-Adenauer-Platz: Jeden Mittwoch- und Samstagvormittag bieten bis zu 70 Händler ihre Waren auf dem größten Markt im Bundesland Bremen feil.

Fish and Ships

Bremerhavener Bürgerpark
Der 64 Hektar große Bürgerpark, Bild: Emma Sauer

Wie es sich für eine Hafenstadt gehört, lassen sich selbstverständlich auch im Fischereihafen aus nächster Nähe dicke Pötte bestaunen: Mehrmals täglich legt die MS Dorsch zu einstündigen Hafenrundfahrten ab. Doch das Gros der Menschen besucht den Fischereihafen wegen seiner Bummelmeile mit vielen urigen bis schicken Fischrestaurants und der maritimen Shops.

Wer nach dem Essen und Shoppen etwas Futter fürs Gehirn braucht, dem sei die Phänomenta-Experimentierausstellung empfohlen, deren Geheimnisse aus Naturwissenschaften und Technik Jung und Alt zum Staunen bringen.

Containerterminal Bremerhaven
Der Containerterminal, Bild: Emma Sauer

Noch eine Nummer größer sind die Schiffe im Überseehafen mit den drei Becken des Kaiserhafens, der Columbuskaje und dem Container-Terminal. Letztere ist mit über 4,5 Kilometern die längste Stromkaje der Welt. Superlative – freilich nicht im Vergleich mit Hamburg und Rostock – trägt auch das Columbus Cruise Center zum Image Bremerhavens bei: 111 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen wurden hier im vergangenen Jahr registriert.

Den besten Blick auf das faszinierende Gewusel an den Terminals, Werften und Schleusen hat man vom 15 Meter hohen Container-Aussichtsturm, am nächsten kommt man indes den Schiffen bei einer der einstündigen Hafenrundfahrten, die im Neuen Hafen starten. Alternativ bringt der HafenBus mitten ins Zentrum des Geschehens.

Sail 2020

Sail 2020 Bremerhaven
Sail 2020, Bild: Emma Sauer

Ein Großereignis, wie es nur alle fünf Jahre in Bremerhaven stattfindet, erwartet die Besucher der Seestadt 2020. Mehr als 250 Windjammer – angeführt von der Bark „Alexander von Humboldt II“ – sowie große und kleine Schiffe aus über 20 Nationen füllen vom 19. bis 23. August bei der Sail 2020 die Häfen. Über 1,2 Millionen Gäste wollten sich die letzte Ausgabe der Festivaltage nicht entgehen lassen.

(Text + Fotos: Emma Sauer)