Wandern bringt nicht nur gesundheitlichen Nutzen, sondern auch die Möglichkeit, die Schönheit der Natur unmittelbar zu erfahren. Besonders Wander- und Pilgerwege bieten eine Flucht aus dem Alltag und ermöglichen es, den Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Rheinhessen war schon im tiefsten Mittelalter ein Zwischenstopp für abenteuerlustige Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela. Heute gibt es dort mehrere Jakobswege, die durch eine bezaubernde Natur mit sanften Hügeln und Weinbergen führen. Die Region ist bekannt für ihre hervorragenden Weißweine, insbesondere den Rheinhessen Riesling. Die rheinhessischen Jakobswege erstrecken sich über etwa 200 Kilometer und bieten abwechslungsreiche Routen durch diese wunderschöne Gegend. Auf den Wandertouren kann man an idyllisch gelegenen Flüssen wie dem Rhein oder Selz entlanglaufen sowie pittoreske Dörfer passieren.
Nachfolgend präsentieren wir eine Auswahl der schönsten Jakobswege in Rheinhessen:
Von Worms nach Metz: Die himmlische Klosterroute
Die Klosterroute Worms-Metz ist eine historische Handelsstraße der Kelten und Römer, gesäumt von Klöstern und Kirchen. Sie entführt den Besucher auf eine spannende Reise durch alte Handelsrouten und religiöse Stätten. Mit ihren historischen Highlights und landschaftlichen Schönheiten ist sie ein lohnendes Abenteuer für Wanderer und Geschichtsinteressierte. Man kann den Weg leicht finden, da er mit gelben Pfeilen und der Europamuschel markiert ist. Es gibt zwei Varianten: die Nordspange und die Südspange.
Lange Route Nordspange (mittelschwere Route):
Die Nordspange besteht aus insgesamt vier Abschnitten. Der erste Abschnitt erstreckt sich über etwa 21 km von Worms nach Harxheim im Zellertal. Startpunkt ist das Südportal des Doms. Auf dieser Strecke gibt es einige Highlights zu entdecken, unter anderem das Lutherdenkmal, den Vogellehrpfad in Monsheim und die Wallfahrtskirche des Heiligen Philipp in Zell.
Der zweite Abschnitt führt auf ca. 21 km von Harxheim nach Steinbach am Donnersberg. Unterwegs kommt man an dem ältesten sakralen Bauwerk der Pfalz in Bubenheim vorbei sowie am ehemaligen Kloster Münsterdreisen. Besonders interessant ist auch die Jugendherberge mit dem angrenzenden Keltendorf, wo man Einblicke in alte keltische Siedlungen erhalten kann.
Die dritte Etappe führt auf ungefähr 20 km von Steinbach nach Otterberg. Zu den Höhepunkten dieser Strecke zählen das Bergmannsdorf Irmsbach, die Kaiserstraße in Alsenbrück sowie die Rochuskapelle in Schallodenbach und die ehemalige Zisternenkirche in Otterberg.
Der längste Abschnitt ist der vierte Teil von Otterberg nach Landstuhl mit einer Länge von 32 km. Über der Stadt Landstuhl thront die beeindruckende Burg Nanstein als absolutes Highlight dieser Route. Auch einen Besuch wert ist die zwischen 1862 und 1863 erbaute Stadtkirche. Die größere Route der Nordspange endet schließlich in Landstuhl, wo sie auf die Nordroute des Pfälzer Jakobsweges trifft, der weiter nach Frankreich führt.
Kurze Route Südspange (mittelschwere Route):
Die kleinere Route mit etwa 79 km führt von Worms über Harxheim, Eiswoog, Kaiserslautern nach Gelterswoog. Wir starten am Südportal des Doms in Worms, eine der bedeutendsten romanischen Kirchen in Deutschland und gehen in Richtung Pfrimm, einem Nebenfluss des Rheins. Der Weg führt entlang des Bachlaufs bis zum Panoramaweg Zell und dann weiter zu den Weinbergen bis nach Harxheim. Unterwegs ist es möglich, durch das Ortszentrum von Monsheim zu laufen oder daran vorbeizugehen.
Vorbei am ehemaligen Kloster Ramosa, ein Zisternenkloster aus dem 12. Jahrhundert gelangen wir zum malerischen Stausee Eiswoog, wo man wieder entlang eines Baches, der Alsenzquelle, wandern kann. Letztendlich biegen wir auf der Route in Richtung Kaiserslautern ab. Einer der letzten Höhepunkte vor Erreichen des Ziels ist die Rochuskapelle aus dem 15. Jahrhundert. Sobald man den im 18. Jahrhundert angelegten Stausee Gelterswoog erreicht hat, trifft man auf die Nordroute von Speyer nach Hornbach.
Von Zell nach Standenbühl: Eine abenteuerliche Pilgerreise
Der Jakobs-Pilgerweg von Zell nach Standenbühl ist eine abwechslungsreiche Strecke, die zahlreiche historische und kulturelle Attraktionen bietet. Der Abschnitt zwischen Zell und Standenbühl erstreckt sich über etwa 22 Kilometer und ist Teil der Klosterroute von Worms nach Metz. Er beginnt in der Wallfahrtskirche des heiligen Philipp in Zell, einer romanischen Basilika aus dem 12. Jahrhundert.
Von dort führt er durch Harxheim, wo man das älteste religiöse Bauwerk der Pfalz, die Dorfkirche Sankt Peter aus 1060 in Bubenheim besichtigen kann, bis hin nach Steinbach am Donnersberg, wo man das Keltendorf sowie den Keltengarten auf dem höchsten Berg der Pfalz bestaunen kann. Anschließend geht es weiter nach Otterberg, mit einem Zwischenstopp an der zisterziensischen Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die zu den größten gotischen Kirchen in Rheinland-Pfalz zählt. Diese erlebnisreiche Etappe endet in Standenbühl.
Von Steinbach bis Wartenberg-Rohrbach: Ein Weg voller Überraschungen
Der Jakobsweg von Steinbach am Donnersberg bis Wartenberg-Rohrbach ist ebenfalls Teil der Klosterroute Worms-Metz, die Rheinhessen, Pfalz, Saarland und Lothringen miteinander verbindet. Auf dieser 14 km langen und einfach zu bewältigenden Strecke kommen Wandersleute an einigen interessanten Orten vorbei. Zum Beispiel am Hahnweilerhof in Börrstadt, der zur Ortsgemeinde Börrstadt gehört. In Imsbach lohnt sich ein Abstecher ins Bergbaumuseum, um sich dort spannende Exponate anzuschauen. Danach geht es weiter durch den Winnweiler Ortsteil Alsenbrück und schließlich nach Lohnsfeld bis hin nach Rohrbach.
Hier kann man die Höhen und Tiefen des Pfälzer Waldes, die ausgedehnte und fruchtbare Landschaft des Zellertals, die friedvolle Stille am Eiswoog sowie das reiche Erbe der historischen Dörfer und Kirchen in vollen Zügen erleben. Die Landschaft entlang dieser Route ist geprägt von einer Mischung aus Wäldern, Wiesen, Feldern, Weinbergen, Bächen und Seen. Hier ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten zur Beobachtung von Pflanzen- und Tierwelt sowie zum Entspannen der Seele.
Unser Buchtipp: Jakobswege Rheinhessen – Wandern auf historischen Pilgerpfaden
Wer noch mehr über die Wanderwege ich Deutschlands größtem Weinanbaugebiet erfahren möchte, dem empfehlen wir den Reiseführer „Jakobswege Rheinhessen“ von Frank Hamm, erschienen im Peter Meyer Verlag (ISBN 978-3-89859-336-6).
Das Buch bietet Wander-Informationen für 17 Touren: 8 bequeme Jakobsweg-Etappen von Mainz über Bingen nach Worms, 2 Alternativrouten bei Wörrstadt und 7 Rundwege als Ortsschleifen. Zudem erhält der Leser kulinarische Empfehlungen, Übernachtungsmöglichkeiten, genaue Karten mit GPX-Daten sowie die Informationen zu den Pilgerstempelstationen.
Mein Buch „Jakobswege Rheinhessen“ ist eine Hommage an meine Heimat und seine kulturelle Geschichte und Vielfalt. Neben ausführlichen Tourenbeschreibungen und Tipps gebe ich einen Überblick über die Entwicklung der Region von vor Millionen von Jahren bis heute. In kleinen Essays erfährt der Leser Hintergründe wie den Unterschied zwischen Gutsschänke und Straußwirtschaft, was Heidenturmkirchen sind und warum Pilger nicht mit dem Schiff fuhren und was Simultankirchen sind.Auf den Spuren von Pilgern habe ich Städte, Dörfer, Hügel und Täler Rheinhessens erkundet und dabei viel Neues über meine Heimat erfahren.
Zum Inhalt:
Der Jakobsweg beginnt in Rheinhessen vor der Haustür. Wer zu sich selbst pilgern, aber dafür nicht erst nach Spanien reisen möchte, dem bietet ein neuer Reiseführer des Saulheimer Peter Meyer Verlags wertvolles Wissen und praktische Tipps.
Schon im Mittelalter war Rheinhessen Durchgangsstation für Pilger mit dem entlegenen Ziel Santiago de Compostela. In seinem Wanderführer lädt Autor Frank Hamm Pilgerinnen, Pilger und alle, die es werden wollen ein, die heimische Weinberglandschaft mit ihren vielen idyllischen Ortschaften zu erkunden.
Hier verbindet der Jakobsweg das Städtedreieck Mainz – Bingen – Worms. Römische Ausgrabungen, Burgen und alte Dorfkirchen dokumentieren das reiche Erbe dieser alten Kulturlandschaft. In 17 Etappen- und Rundtouren werden die rund 200 Kilometer der
rheinhessischen Jakobswege mit Fotos, Routenkarten und Höhenprofilen in Szene gesetzt. Die handlich zugeschnittenen Etappen bieten bei malerischen Ausblicken reichlich Gelegenheit zur inneren – und kulinarischen Einkehr.
Pilger und Tageswanderer erhalten ausreichend praktische Informationen. Unterkünfte, Einkauf- und Einkehrmöglichkeiten lassen sich im Buch nachschlagen, ebenso die An- und Abreise mit Bahn und Bus. Das Buch „Jakobswege Rheinhessen“ inspiriert dazu, gerade auch die Heimat zu Fuß kennenzulernen – umweltfreundlich und auf neuen
Wegen.
Der nachhaltig produzierte Reiseführer vereint Handlichkeit mit umfangreichen Informationen und ist im Buchhandel für 22 Euro erhältlich.