Auf der Suche nach interessanten Kurzurlaubszielen muss die Wahl nicht immer auf große westeuropäische Metropolen wie Paris oder Barcelona fallen. Vielmehr können auch eher unbekannte oder in Vergessenheit geratene Städte einen ganz besonderen Reiz abseits des Massentourismus haben. Eine solche Stadt ist Lwiw (dt. Lemberg) in der Ukraine.
Lwiw befindet sich im Westen der Ukraine und von hier aus ca. 90 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Die Stadt zählt um die 730.000 Einwohner und besteht aus insgesamt sechs Verwaltungseinheiten, den sogenannten Stadtrajonen. Lwiw liegt außerdem direkt auf der europäischen Hauptwasserscheide, welche die Zuläufe zum Atlantik sowie der Nord- und Ostsee von den Zuläufen zum Schwarzen Meer und zum Mittelmeer voneinander trennt.
Der besondere touristische Reiz der Stadt ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass hier über viele Jahrhunderte hinweg unterschiedlich Ethnien und Religionen – darunter vor allem Polen, Ukrainer und Juden – zusammenlebten. Dadurch erreichten Lemberg viele unterschiedliche kulturpolitische Einflüsse, die das Stadtbild und die Mentalität der dort lebenden Menschen bis heute prägen.
Geschichte und Politisches
Die Geschichte von Lwiw lässt sich anhand der ältesten bislang gefundenen Siedlungsspuren bis ins 5. Jahrhundert zurückverfolgen. Die dokumentierte Geschichte der Stadt beginnt jedoch erst im 13. Jahrhundert. So ließ der damalige Herrscher Daniel von Galizien im Jahr 1256 eine Burg auf einem Hügel über dem heutigen Stadtzentrum errichten. Daniel von Galizien gilt seitdem als Stadtvater, was unter anderem darin deutlich wird, dass eine der vielen Universitäten und der stadteigene Flughafen nach ihm benannt wurden.
In den folgenden Jahrhunderten lag Lemberg auch aufgrund seiner geopolitischen Lage im Spannungsfeld verschiedener Territorialkämpfe. So fiel die Stadt im 14. Jahrhundert zunächst an die Polen, im Jahr 1772 dann an Österreich. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges war Lwiw für kurze Zeit Hauptstadt der Westukrainischen Volksrepublik, bevor sie erneut an Polen fiel. Schließlich gehörte Lwiw noch vor Ende des 2. Weltkrieges zur Sowjetunion mit der Folge, dass ein Großteil der polnischen Bevölkerung aus der Stadt vertrieben wurde.
Seit 1991 gehört Lwiw nun zur unabhängigen Republik Ukraine, wobei in der Stadt ukrainisch-nationalistische Tendenzen sehr stark ausgeprägt sind. So wurde hier die rechtsradikale Partei Swoboda gegründet, die seit den Wahlen im Jahr 2010 die meisten Sitze im Stadt- und Regionalparlament innehat.
Sehenswürdigkeiten in Lwiw
Neben den verschiedenen kulturellen und religiösen Einflüssen kann Lemberg auch mit einer durch viele Epochen geprägten Altstadt die Besucherströme locken. So wurde die Stadt von den Zerstörungen des 1. und 2. Weltkrieges nahezu verschont und verfügt daher noch heute über einen fast komplett erhaltenen Stadtkern mit Bauwerken aus der Barockzeit, der Renaissance, des Klassizismus sowie auch des Jugendstils und des Historismus. Das historische Zentrum der Stadt wurde zudem 1998 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.
Zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten zählt vor allem eine Vielzahl von Sakralbauten, darunter die lateinische Kathedrale Mariä Himmelfahrt, die bereits zwischen 1360 und 1481 erbaut wurde. Darüber hinaus sind in Lwiw das Rathaus, die Nationaloper, das Balletttheater und die Wand der zerstörten Synagoge ‚Goldene Rose‘ bedeutende Sehenswürdigkeiten, die bei einem Besuch der Stadt unbedingt besichtigt werden sollten.
Aktivitäten und Unternehmungen
Neben der Erkundung der historischen Altstadt mit ihren architektonischen Zeugen vergangener Epochen ist Lemberg auch für seine zahlreichen Museen, Theater, Bibliotheken sowie vor allem der Nationaloper bekannt. So gehört hier ein Theater- oder Opernbesuch zum touristischen Pflichtprogramm.
Aber auch Museen wie das Freilichtmuseum für Volksarchitektur und Landleben in Schewtschenko-Hain, das Lwiwer Biermuseum, sind eine Besichtigung wert. Für Kunstinteressierte bietet sich zudem ein Besuch der Lemberger Gemäldegalerie an. Weitere Ausflugsziele in Lwiw sind der Kornjakt-Palast aus dem 16. Jahrhundert, in dem man in königlichen Gemächern wandeln kann, sowie der dreistöckige Palast Potocki.
Schließlich findet in Lwiw auch jährlich die größte Buchmesse der Ukraine statt und beim Alfa Jazz Fest kommen vor allem Musikliebhabern auf ihre Kosten.
Kurioses und Triviales
In Lwiw kann man sich nicht nur auf die Spuren vergangener Tage begeben, sondern auch einige Kuriositäten entdecken. So gibt es hier ein Bierbauchdenkmal, das vermutlich auf das Lemberger Bier als ältestes der Ukraine zurückgeht. Gleich daneben befindet sich eine Frauenskulptur, die eine Krone in der Hand hält – will man sich für ein Fotomotiv die Krone ‚aufsetzen‘, muss man der Skulptur dafür an die Brust fassen.
Darüber hinaus findet man hier ein Museum zu Ehren des Schriftstellers Leopold von Sacher-Masoch – nach welchem der Masochismus benannt wurde. Vor diesem steht eine Statue dieses Herrn, in dessen Hosentaschen man sein bestes Stück ertasten kann.
Neben diesen kuriosen Denkmälern überzeugt Lwiw auch mit einer Vielzahl von Katzencafés. Ganz anders kann man hier aber auch in einem bunkerartigen Restaurant am Rynok Platz speisen. Damit hat Lwiw für jeden seiner Besucher etwas zu bieten – Architektur, Geschichte, Kultur sowie auch ungewöhnliche Denkmäler für außergewöhnliche Fotomotive.