Ein charmantes buddhistisches Königreich im Himalaya, das ist Bhutan! Der Kolonialismus ging an diesem Land vorbei, denn es liegt ziemlich versteckt zwischen den Giganten China und Indien. Offiziell heißt Bhutan Druk Yul, „Land des Donnerdrachens“. Schon vor Jahrzehnten wurde das „Bruttonationalglück“ als oberstes Staatsziel ausgegeben. Hier geht es nicht nur um materiellen Wohlstand, sondern auch um Zufriedenheit und spirituellen Einklang mit der Welt.
Staatsoberhaupt ist der junge „Drachenkönig“ Jigme Khesar Namgyel Wangchuck. Freiwillig hat sein Vater die königliche Macht zugunsten des Parlaments beschränkt. Das Land ist etwas kleiner als die Schweiz, hat aber nur ungefähr 740 000 Einwohner. In der Hauptstadt Thimphu leben knapp 80 000 Menschen, alle anderen Siedlungen sind noch viel kleiner. Hier kann man vielleicht, wenn man „Glück“ hat, einen Verkehrsstau sehen und Versatzstücke der heutigen globalisierten Welt. An vielen anderen Orten aber wirkt Bhutan wie aus der Zeit gefallen.
72 Prozent der Bevölkerung folgen der Staatsreligion, dem Mahayana-Buddhismus. Dieser manifestiert sich in verschiedenen Ausprägungen, die dem tibetischen Buddhismus nahestehen. 27 Prozent sind Hindus. Sie leben vor allem im südlichen Tiefland, haben meist nepalesische Wurzeln und werden weniger hoch geachtet.
Natur in Bhutan
Die Täler Bhutans liegen eingebettet zwischen den Bergriesen des Himalaya. Der höchste Gipfel heißt Gangkhar Puensum, liegt an der Grenze zu Tibet und erreicht 7570 Meter. Alle Berge, die höher sind als 6000 Meter, dürfen aus religiösen Gründen nicht bestiegen werden. Die Dörfer und Klöster schmiegen sich meist an die Hänge des Vorderhimalaya oder breiten sich in den Flusstälern aus.
In den absoluten Hochgebirgszonen des Westens herrschen im Winter arktische Temperaturen. Im Süden ist das Klima subtropisch. Starke Regenfälle sorgen für eine große Fruchtbarkeit in den Tälern Zentralbhutans. Das Land legt größten Wert auf den Erhalt seiner natürlichen Ressourcen. Im Tiefland erstreckt sich subtropischer Dschungel, in den Höhenlagen wachsen Tannenwälder mit einer herrlichen Flora und Fauna. Eine großflächige Entwaldung wie in den Nachbarländern hat in Bhutan nicht stattgefunden.
Tiger, Leoparden und Bären streifen durch die Wildnis und machen Jagd auf Ziegen, Schafe und Moschusrinder. Auch das Nationaltier Bhutans wird manchmal erlegt: Der Takin hat Hörner, wird deutlich größer als ein Schaf, ist aber eng mit diesem verwandt. Yaks grasen an den Hängen. Vogelbeobachter kommen voll auf ihre Kosten: Von den schwarzen Kolkraben, die in großer Höhe leben, bis zu prachtvoll bunt gefiederten Freunden wie Feuerliest, Gelbhaubenspecht oder Nepalhornvogel reicht die Bandbreite. Wunderschöne Schmetterlinge laben sich an den farbenfrohen Blüten der Orchideen und Rhododendren. Frösche und andere Amphibienarten bevölkern die fruchtbaren Flusstäler. Im Tiefland hat das Panzernashorn seine Refugien.
Kultur in Bhutan
Die Klöster
In Bhutan genießen die Klöster nicht nur große religiöse Autorität, sondern auch politische Macht. In jedem der 20 Distrikte stehen die Dzongs, mächtige Klosterburgen meist auf Anhöhen. Hier spielen sich nicht nur die Meditationen und jährlichen religiösen Feste ab, sondern auch die Verwaltungszentren haben in den Dzongs ihren Sitz. Einzig der Punakha-Dzong, der zur Verteidigung gegen Tibet errichtet wurde, steht in einem Tal an zwei Flüssen.
Einige der schönsten Klöster schmiegen sich an steile Berghänge. Berühmt ist das Kloster Takshang in West-Bhutan nördlich von Paro. Es wird „Tigernest“ genannt und ist das Sehnsuchtsziel vieler Bhutan-Reisenden. Neben den häufig besuchten Klöstern und Ortschaften in Zentralbhutan liegen im Osten des Landes viele weitgehend unbekannte Preziosen dieses kostbaren buddhistischen Kulturraums.
Die Bevölkerung
Die Bevölkerung Bhutans und die Regierung legen großen Wert auf den Erhalt der landestypischen Kultur. Dazu gehört auch die traditionelle Tracht, die je nach Volksgruppe unterschiedlich ist. Die Menschen tragen sie nicht nur zu Festlichkeiten, sondern auch zu wichtigen Terminen in der Hauptstadt oder sogar im Alltag. Der Volksglaube manifestiert sich in flatternden Gebetsfahnen, die überall im Land dem Wind trotzen. Dieser transportiert die auf die Fahnen gedruckten Gebete bis hinauf zu den Göttern. Vorbuddhistische schamanistische Bräuche haben im Volksglauben überlebt. Es gibt Geisterfallen aus kompliziert aufgespannten Fäden, in denen sich Dämonen und böse Kräfte verfangen sollen.
Reisen nach Bhutan
Insgesamt hat sich Bhutan entschieden, den Traditionen weiterhin zu folgen und sich nur vorsichtig der Welt zu öffnen. Dazu gehört auch, dass kein Massentourismus zugelassen wird. Touristen benötigen einen Reisepass und ein Visum. Sie müssen einen täglichen Mindestbetrag im Land lassen, der Rucksackreisende und weniger Betuchte abschrecken dürfte. In der Hauptsaison beträgt dieser Tagessatz 250 Dollar, in der Nebensaison immerhin noch 200 Dollar. Hier sind jedoch Unterkunft, Verpflegung und Transport in Teilen bereits enthalten. Individualreisen sind teurer, da ein Fahrer und die Hotels im Vorfeld von spezialisierten Veranstaltern fest gebucht werden müssen.
Die meisten Bhutan-Enthusiasten schließen sich also einer Tour an. Dies erleichtert allerdings auch die Organisation der Reise ungemein. Es gibt Reiseveranstalter, die vor allem Trekking-Touren ins Gebirge und in die großartige Natur anbieten. Andere Veranstalter haben sich auf die buddhistische Kultur Zentralbhutans spezialisiert. Meist werden bei Kleingruppenreisen die Hauptstadt Thimphu mit ihren Tempeln sowie Paro und das Kloster Takshang angesteuert. Wanderungen führen zu weiteren traditionellen Klöstern und Dzongs. Wenn möglich, kann man auch einem Tsechu, einem typischen Klosterfest mit Maskentänzen beiwohnen. Spezialisierte Anbieter führen Reisen in den weniger besuchten Osten Bhutans durch. Übernachtet wird in traditionell gestalteten, auf Ästhetik bedachten Hotels.
Somit gilt Bhutan als eines der schönsten und exklusivsten Reiseziele in Asien.