Von Kairo, der größten Stadt des afrikanischen Kontinents, sagt man, sie wirke bei einer ersten Visite auf ihre Besucher wie ein ungewaschenes und zerzaustes Mädchen. Wer sich aber an das Gewirr auf den Straßen und an den Lärmpegel im Basar gewöhnt hat, versteht, warum man von Kairo als der „Mutter aller Städte“ spricht. Denn dieses „zerzauste Mädchen“ hat viele Gesichter und hier und da gibt sich die Dame seriös und graziös. Seit mehr als tausend Jahren nennt die arabische Welt die Millionenmetropole „Al-Quahira“ – die „Siegreiche“. Und so erträgt Kairo die täglichen Staus auf den Straßen und den unentwegten Ansturm neuer Bürger mit einer erstaunlichen Gelassenheit.
Eine Fülle islamischer Baudenkmäler im Zentrum
Den Geschichtsbüchern ist zu entnehmen, dass es im Jahr 969 war, als Fatimiden, eine ismailitische Dynastie, nach Ägypten vordrangen und die Region unter ihre Herrschaft brachten. Ein gewisser Kalif-al-Muizz soll Kairo gegründet haben. In der Folgezeit umschlossen Mauern die Stadt, und drei der einstmals sechzig Tore sind erhalten geblieben: Bab-el-Futuh und Bab-en-Nasr an der nördlichen Peripherie sowie Bab-es-Suwela im Süden. Heute dienen sie den Touristen als fotogene Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit. Zum Weltkulturerbe wurde Kairo allerdings eher wegen der Fülle islamischer Baudenkmäler, die sich auf einer Fläche von lediglich vier Quadratkilometern im Stadtkern drängen.
El-Azhar-Moschee – Stätte der sunnitischen Lehre
Aus der Gründungszeit Kairos ist auch die El-Azhar-Moschee erhalten geblieben. Sie zählt zu den ältesten islamischen Gotteshäusern der Welt und ist ein Prunkstück in der Stadt der tausend Minarette. Seit jeher hatte die Moschee den Status einer einflussreichen Institution in der ägyptischen Gesellschaft, denn sie verstand sich als Hort der islamischen Lehre und als Universität des Studiums der sunnitischen Theologie. Kairo verfügt über zahlreiche Sehenswürdigkeiten, und wer als Besucher dieser Stadt durch die engen Straßenschluchten Richtung Norden bummelt, der gelangt unwillkürlich zu einem der prächtigsten Hinterlassenschaften der sogenannten Mamelucken-Architektur. Das umfangreiche Mausoleum soll im Jahr 1285 in nur 13 Monaten Bauzeit entstanden sein. Der Hauptsaal ist reich mit Mosaiken und wertvollem Stuck verziert und wurde einst durch ein Hospital erweitert, von dem es heute nur noch eine Ruine gibt.
Schöne Wohnpaläste aus dem 14. Jahrhundert
Dem Deutschen Archäologischen Institut war es zu verdanken, dass sich das historische Brunnenhaus mit Koranschule, das Abder-Rahman Katkhuda, in alter Pracht präsentiert. Der zweistöckige Pavillon mit seinen Arkaden ist ein echter Hingucker und bildet eine Einheit mit dem gegenüberliegenden Beit Emir Beschtak, einem der schönsten Wohnpaläste aus dem 14. Jahrhundert. Heute wird in diesem Museum die Geschichte Kairos den Besuchern näher gebracht. Ein Spaziergang durch das alte Viertel dieser Metropole ist wie eine Reise durch die Zeiten. Mit dem Taxi und etwas Geduld im alltäglichen Kairoer Verkehrschaos gelangt man nach Zamalek und damit zum modernen Viertel der Stadt. Hier haben sich die Botschaften zahlreicher Länder etabliert. Zumeist in Villen aus der Zeit des Belle-Epoque. Hier, im Norden der Nil-Insel Gezira, sind aber auch die Angehörigen der „oberen Zehntausend“ dieser Stadt beheimatet.
Im Museum wird die Geschichte Ägyptens lebendig
Selbstverständlich sollte bei jedem Besucher Kairos der Weg zum Ägyptischen Museum führen. Es versteht sich als eine Art „Schatztruhe“ des Landes und als Symbol der untergegangenen Epoche der Pharaonen. Nicht weniger als 150.000 Exponate, die zumeist dem kargen ägyptischen Boden am Nil entrissen wurden, sind in diesem Museum untergebracht. Hier wird die Geschichte des Landes lebendig, und es sind nicht nur die Grabbeigaben des legendären jungen Königs Tutanchamun, die es zu besichtigen gilt. Eröffnet wurde der umfangreiche Komplex bereits im Jahr 1902, und die hundert Säle erstrecken sich über zwei Stockwerke. Dieses Museum ist in der Welt ohne Beispiel. Unter der Präsidentschaft Anwar Sadats wurde der Saal der Königsmumien für vier Jahre geschlossen, steht nun aber wieder den Interessierten aus aller Welt offen.
Die fehlende Nase der Sphinx im Wüstensand
Kairo ist aber auch der Ausgangspunkt für Kreuzfahrten auf dem Nil und Entdeckungsreisen zu den einzigartigen Ausgrabungsstätten im Tal der Könige. Die große Sphinx mit der Cheops Pyramide ragt jedoch quasi vor der Haustür der großen Stadt aus dem Sand der ägyptischen Wüste. Errichtet wurde dieses Ensemble vermutlich in der vierten Dynastie unter der Herrschaft der Chephren um 2500 vor Christi. Es befindet sich etwa zwanzig Kilometer südlich den Kairoer Zentrums und ist entweder mit dem Taxi oder mit der Metro zu erreichen. Wer sich am Ziel in die Obhut eines Führers begibt, erfährt vermutlich auch, warum der Sphinx die Nase fehlt. Verantwortlich für diese Missetat soll ein Scheich namens Mohammed Saim el-Dar im Jahr 1378 gewesen sein.
Verwinkelte Gassen und viele Händler im Basar
Wundersames und Überflüssiges wird im großen Basar von Kairo angeboten. Er nennt sich Khan-el-Khalili und ihm wird nachgesagt, dass man sich in seinen verwinkelten Gassen immer mal wieder verlaufen kann. Der Basar ist 1.500 Meter lang, und es soll hier schon im Mittelalter mehr als 12.000 Geschäfte gegeben haben. Vornehmlich werden hier von den Händlern Souvenirs, Schmuck und Antiquitäten angeboten, doch nicht alles, von dem man meint, es sei ein Original, entpuppt sich zu Hause als billige Kopie. Wer das authentische Kairo erleben möchte und damit einen Hauch des Orients, der sollte sich in einer der unzähligen Stuben niederlassen, den scharfen arabischen Kaffee probieren und den Einheimischen beim Rauchen ihrer Wasserpfeife zuschauen.