Schon die Lage Stuttgarts in einem Talkessel ist sehenswert. Von den Halbhöhenstraßen bietet sich ein eindrucksvoller Überblick über die Innenstadt. Jahrzehntelang hatte die Stadt, welche sich malerisch wie eine Muschel in ein kesselförmiges Tal schmiegt, mit ihrem Ruf zu kämpfen. Sie galt als fleißig, sauber… und entsetzlich langweilig. Im Zentrum von Stuttgart stauten sich vor 20 Jahren noch lange Straßenbahnzüge und Autos jagten die Fußgänger. Heute wachsen hier Bäume, plätschern Brunnen, spielen Straßenmusikanten und Pflastermaler zeigen ihre Künste. Die Stadtväter haben sich einiges einfallen lassen. Die Königsmeile lädt ohne Auto- und Schienenverkehr zum geruhsamen Flanieren ein. An milden Tagen, wenn die zahlreichen Restaurants und Kneipen gut besucht sind, ist eine mediterrane Heiterkeit zu spüren.
Monarchische Pracht – zwischen Neuzeit und Moderne
War zunächst in der Residenzstadt des jungen Königreiches alles auf die Präsentation monarchischer Pracht ausgelegt, so nahm die Industrie nach und nach das Zepter in die Hand.
Für das Unternehmerparadies am Neckar sind die Standortfaktoren geradezu ideal. Zwei Universitäten, sechs Akademien und Hochschulen sowie Fraunhofer- und Max-Planck-Institute stärken die Spitzenstellung Stuttgarts als Hochtechnologiestandort.
Stuttgart ist das wirtschaftliche Herz des „Musterländles“ Baden Württemberg. Namen wie Daimler-Benz, Bosch und nicht zuletzt Porsche stehen für geballte industrielle Kraft in der Region. Die Landeshauptstadt zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftszentren in Deutschland. Namenhafte Großunternehmen und eine Vielzahl weltweit bekannter, mittelständischer Firmen prägen das Bild der Hochtechnologieregion.
Zeichnet das allein Stuttgart aus? Auf den ersten Blick sind es ganz sicher noble Autos und trickreiches High-Tech. Aber eben auch – und das wird viel zu oft übersehen – eine reiche Kulturlandschaft. Nahezu alle Epochen der europäischen Kunstgeschichte haben hier ihre Spuren hinterlassen.
Eine Ahnung von dem Leben der Menschen, die hier wohnten, erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick. In der Stadt findet man sie noch, die Plätze und Häuserzeilen, die Brücken und Winkel, welche die Besucher mit anheimelnder Gemütlichkeit umgarnen.
Im Geschichtsbuch geblättert: Nach der Überlieferung trat Stuttgart erst um das Jahr 950 in das Licht der Geschichte. Zu jener Zeit soll Herzog Liutolf von Schwaben in einer Talerweiterung des Nesenbachs ein Gestüt angelegt haben. Rund um diesen „Stoutengarten“ bildete sich im Laufe der Zeit eine Siedlung. Weit bis ins Mittelalter stand die heutige Hauptstadt Baden-Württembergs im Schatten des älteren Cannstatt, wo eine Furt den Neckar querte. Stuttgart war nie Reichsstadt, und dennoch nahm sie einen steilen Aufstieg zur Hauptstadt des Herzogtums Württemberg.
Im Jahre 1806 erhob Napoleon Herzog Friedrich II. zum König von Württemberg. Er baute Stuttgart zur königlichen Residenz um. Unter ihm und seinem Nachfolger Wilhelm I. wurde der Stadtgraben abgetragen und nach und nach zu einem Prachtboulevard umgebaut, der heutigen Königsstraße.
Ein Bummel durch die württembergische Landeshauptstadt – hochkarätig und erlebnisreich
Ausgangspunkt ist der mit seinem 58 Meter hohen Turm und dem darauf rotierenden Mercedes-Stern weithin sichtbare Hauptbahnhof. Der wuchtige, mit Muschelkalkquadern verkleidete Bau, wurde in den Jahren 1914-17 von Paul Bonatz und E.F. Scholer im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ errichtet. Schon bald erreicht man den Schlossgarten, eine Parkanlage, die sich von der Stadtmitte bis an den Neckar bei Bad Cannstatt erstreckt und dort in den Rosensteinpark übergeht. Der Schlossplatz ist zweifellos einer der schönsten Plätze Europas. Gern sitzen die fleißigen Schwaben unter der klassizistischen Säulenfront des Königsbaus am Schlossplatz, welcher ein properes Ambiente für Stadtflaneure bietet. Vom Königsbau blickt man durch einen zierlichen schmiedeeisernen Pavillon auf die Siegessäule und die mächtige, dreiflügelige Anlage des Neuen Schlosses. Fast bescheiden versteckt sich am Rand des Platzes das Alte Schloss, eine Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert. Ein Schmuckstück deutscher Renaissance ist hier der dreigeschossige Arkadenhof. Stuttgarts Schillerplatz mit Stiftskirche, Fruchtkasten und Merkursäule vermittelt einen letzten Eindruck vom einst mittelalterlichen Stadtbild. Am Marktplatz, an dem kein Gebäude den Krieg überstanden hat, ragt der wuchtige Rathausturm empor, rekonstruiert im Jahre 1956.
Das im Jahre 1977 eröffnete Planetarium mutet im Schlossgarten geradezu futuristisch an. Akustisch kosmische Abläufe im Inneren der eigenwilligen Stufenkuppel locken die Besucher in Scharen.
Direkt am Neckar erfahren die Besucher ein Naturerlebnis. Dort, wo die Magnolien blühen, liegt Wilhelma, ein Gesamtkunstwerk aus dem maurischen Stil nachempfundener Bauten und einer einmaligen Fauna und Flora. Besonders eindrucksvoll wirkt der Maurische Garten mit einem zauberhaften Seerosenteich und dem Magnolienhain.
Stuttgart: Museumsstadt mit höchstem Kunstgenuss
Ein Publikumsmagnet ist die Staatsgalerie mit der größten Picasso-Sammlung Deutschlands im Zentrum der Stadt. Internationalen Ruf genießen auch die Ausstellungen im Kunstgebäude an der Nordostecke des Schlossplatzes. Als wegweisend für die architektonische Moderne erklärt sich die Weissenhofsiedlung am Killesberg. Für Anhänger des künstlerischen Bauens ist das Weissenhofmuseum eine Pilgerstätte.
Nicht zuletzt tauchen die Besucher in das Mekka des Automobilbaus ein. Das Porsche-Werk in Zuffenhausen macht Stuttgart zur Sportwagenschmiede Nummer eins. Porsche ist der Stolz der sportlich orientierten Automobilwelt schlechthin. Im Museum sind die legendären Renn- und Sportwagen wie der 911 oder der 908 Spyder zu sehen. Darüber hinaus vermitteln Kurzfilme interessante Einblicke in die Geschichte des Unternehmens.
Auch die Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz sind ein Renner. DaimlerChrysler, das größte deutsche Industrieunternehmen, hat im Stuttgarter Vorort Untertürkheim seinen Sitz. Im 1923 eröffneten Automobilmuseum vom Mercedes Benz ist die Daimler Motorkutsche zu sehen. Auch moderne Fahrzeuge wie die siegreichen Formel-1-Silberpfeile der 1930er-1950er-Jahre faszinieren die Besucher.
Gut zu wissen: kulinarische Höhepunkte und beliebte Veranstaltungen
Nach einem Bummel auf der Königsstraße ist ein Kaffee genau richtig – dazu ein Törtchen wie in Frankreich. „Tarte und Törtchen“ ist ein originelles Café mit toller Atmosphäre im Westen Stuttgarts. Wer leckere schwäbische Traditionskost favorisiert, wird das „Zeppelin Stüble“ lieben. Im Wohnzimmerflair lässt es sich am Arnulf-Klett-Platz gemütlich speisen.
Auch Freunde des guten Weines kommen nicht zu kurz. Zu den originellen Weinstuben zählen „Kochenbas“ und „Kachelofen“. In einem einzigartigen Ambiente überraschen die urigen Lokale mit köstlichem Wein und allerlei Spezialitäten.
Was den Münchnern ihr Oktoberfest, das ist den Stuttgartern ihr Volksfest – die Canstatter Wasen oder auch „die größte Gaudi im Schwabenland“. Jährlich im September entfaltet sich ein gigantisches Zeltlager auf dem Veranstaltungsgelände am Ufer des Neckars. Zwischen unzähligen Festzelten ist fröhliche Stimmung garantiert.
Schlösser, Gärten und Romantik – Stuttgart lockt mit unzähligen Sehenswürdigkeiten.
Altes Schloss, Maurischer Garten oder ein Besuch im 10 Kilometer entfernten Schloss Solitude? Es braucht Zeit, um Stuttgart in seiner gesamten Vielfalt zu erleben.
Tipp: Wer an einem Abend in Stuttgart weilt, sollte nicht nur durch die Königsstraße bummeln, sondern den Blick von einer der Halbhöhenstraßen auf das unmittelbar darunter liegende Lichtermeer der Innenstadt genießen.