Wer auf dem Globus nach dem Äquator sucht, der findet ihn unter anderem in Ecuador. Dieses Land trägt seinen Namen zurecht, denn es ist so etwas wie der Gürtel des Planeten oder auch die Naht der Erde. In Ecuador ist es üblich, überall dort, wo man sich mit der „Null-Linie“ identifiziert, Häuser und Brunnen an den Wegen zu markieren. Das ist in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, nicht möglich, denn die Anden-Metropole liegt ziemlich genau 25 Kilometer südlich des Äquators. Bis zu einer Höhe von 2.850 Metern zieht sich das Stadtgebiet zu Füßen des aktiven Vulkans Pichinga, und da der Airport von Quito von weiteren Bergen umgeben ist, stellt die Landung für die Piloten eine gewisse Herausforderung dar. Aber eines ist gewiss: Diese faszinierende Stadt ist eine Reise wert, und wenn sich die Regenwolken über Quito verziehen, landen dort Flugzeuge sicher und im Takt von Minuten.
„Centro Histórico“ – die koloniale Vergangenheit
Bunt und wie durcheinander gemischt – so wirkt das Häusermeer dieser Millionenstadt. Doch da bildet das koloniale Zentrum von Quito eine Ausnahme, denn die rund dreihundert Häuser wurden bereits im Jahr 1978 durch die UNESCO geadelt und von dieser Organisation in die Liste der Weltkulturerbe aufgenommen. „Perle des Kontinents“ nennen die Einwohner von Quito ihr geschichtsträchtiges Sahnestück. Als vor einem halben Jahrhundert die Altstadt zu verfallen drohte, griffen die Behörden ein und waren erfolgreich in ihrem Bemühen, den alten Glanz dieser Gebäude aufzupolieren und für künftige Generationen zu erhalten. Die ursprünglichen Markthallen wurden aktiviert und es entstanden etliche Restaurants und Hotels. Das „Centro Histórico“ ist einzigartig auf dem südamerikanischen Kontinent. Mit nicht weniger als vierzig Kirchen und 16 Klöstern.
Die Ruhestätte des Nationalhelden de Sucre
Von ihrer verordneten Schönheitskur hat Quito ohne jeden Zweifel profitiert. Die alte Stadt durfte an den Quellen dieses „Gesundbrunnens“ nippen und Quita hat mittlerweile sein architektonisches Wirrwarr gebändigt. Die Vielzahl der barocken Gotteshäuser beeindruckt jeden Besucher und sie sind Zufluchtsorte der strenggläubigen Einwohner, die sich der katholischen Kirchen zugehörig fühlen. Ursprünglich war die Kathedrale von Quito ein schlichter Lehmbau, die sich nur allmählich vom schweren Erdbeben erholte, das im Jahr 1755 diese Stadt in Schutt und Asche legte. In „La Catedral“ ruhen die sterblichen Überreste des Nationalhelden Antonio José de Sucre, der in der Schlacht von Pichincha die spanischen Truppen besiegte und später zum Präsidenten des soeben gegründeten Staates Bolivien gewählt wurde.
Die „Geflügelte Jungfrau“ im Konvent
Einem Franziskaner, der nicht nur ein frommer Mönch sondern auch ein genialer Architekt und Künstler war, verdankt Quito die Iglesia y Convento de San Francisco. Der flämische Gründer des Konvents, Fray Jodoco Rike, schuf in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein bauliches Wunderwerk. San Francisco ist die älteste und wohl auch die größte Kirche aus der kolonialen Vergangenheit der Stadt Quito. Eindrucksvoll ist dort unter anderem die Mudéjar-Holzdecke, die im spanisch-maurischen Stil entstand und das Mittelschiff des Konvents ziert. Dass Quito im 17. Jahrhundert eine weltoffene Stadt war, beweisen in der Kirche die chinesischen Pagoden. Ein vielbeachtetes Motiv ist aber auch die sogenannte „Geflügelte Jungfrau“. Weltweit gibt es sie nur hier.
Über Quito wacht die „Virgen del Panecillo“
Angesichts der tiefen Gläubigkeit der Menschen, die in Quito heimisch sind, ist es nicht verwunderlich, dass die Kirchen das Bild der Metropole bestimmen. An der Plaza San Francisco erhebt sich mit der Jesuiten-Kirche La Compania nicht nur das älteste christliche Gotteshaus Amerikas sondern auch ein eindrucksvolles Beispiel für die aus Spanien importierte koloniale Ästhetik. Zahlreiche Kirchen Quitos wurden aus vulkanischem Gestein errichtet und verweisen auf die Nachbarschaft der Feuerberge. Über das verwirrende Häusermeer der Stadt wacht auf einem der Hügel die „Virgen el Panecillo“. Die Inkas gaben dieser Erhebung den Namen „Herzhügel“, doch die Menschen in Quito meinten, dieser habe eher das Aussehen eines Brötchens. Und so nannten sie das Monument aus Aluminium in der Gestalt einer Madonna „Jungfrau des Brötchens“.
Museen in der „Stadt des ewigen Frühlings“
Wer sich die Mühe macht, bis zum Fuß der 45 Meter hohen Madonnenstatue zu wandern, der kann von dort – bei idealen Wetterbedingungen – den schneebedeckten Gipfel des fernen Vulkans Cotopaxi entdecken. Wer es aber vorzieht, in Quito zu bleiben, der sollte sich den Besuch von drei Museen nicht entgehen lassen. Die Casa del Alabado verspricht einen interessanten Spaziergang durch die Geschichte und der präkolumbianischen Kunst Ecuadors. Auf mehreren Etagen werden einzigartige Exponate früherer Hochkulturen verwahrt. Dagegen versteht sich das Museo Casa de Sucre als eine Art Ahnengalerie. Hier wurde das frühere Wohnhaus des Generals in einem originalgetreuen Zustand errichtet. Das Nationalmuseum wurde in einem gigantischen Bau aus Spiegelglas untergebracht. Eindrucksvoll sind dort die Sammlungen archäologischer Fundstücke. Unter anderem ist die zweitausend Jahre alte Goldmaske des Sonnengottes Dios-Sol aus der La Tolita Kultur zu sehen. Angenehm sind in Quito die Temperaturen, und das milde Klima gab der Metropole Ecuadors den hübschen Beinamen „Stadt des ewigen Frühlings“.