Man spricht vom „Land der tausend Hügel“. Niemand hat sie bisher gezählt – und es mögen auch ein paar mehr als tausend sein. Tatsache ist: Ruanda ist eine hügelige Region in der afrikanischen Zone des Äquators. Und manche dieser „Hügel“ erheben sich immerhin bis in Höhen von 4.500 Metern. Sie sind die Geburtsorte zweier gigantischer Ströme. Hier gibt es die Quellen des Nils und des Kongos, denn auf dem Staatsgebiet Ruandas verläuft die Hauptwasserscheide des Kontinents. Zu Füßen der Virunga-Vulkane hat sich in dem feucht-heißen Klima eine üppige Vegetation entwickelt, und die tropische Landschaft allein wäre mit ihren artenreichen Regenwäldern schon ein Besuch wert. Doch da gibt es auch noch die Berggorillas, von denen nicht nur die Forscherin Dian Fossey meinte, deren Augen seien „wie Honig“. Eine Ruanda-Rundreise zu den „Silberrücken“ im Regenwald zählt zu den touristischen Highlights dieser Tage.
Ruanda – Ein kleines Land ohne Zugang zum Meer
Stammesfürsten waren über Jahrhunderte die Herrscher dieses Landes, das zu den wenigen afrikanischen Staaten gehört, die über keinerlei Zugang zum Meer verfügen. Ruanda ist also ein Binnenstaat und in etwa so groß wie das deutsche Bundesland Brandenburg. Zwischen 1884 und 1916 war diese Region ein Teil von „Deutsch-Südwest-Afrika“. Nach den Deutschen kamen die Belgier als koloniale Herren, ehe das kleine afrikanische Land nach dem Zweiten Weltkrieg den Status eines UN-Treuhandgebiets erhielt und 1962 unabhängig wurde. Doch die Volksgruppen der Tutsi und der Hutu lieferten sich in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen grausamen Bürgerkrieg, der in einem Völkermord mündete, der die Welt erschütterte. Inzwischen ist das Land befriedet und die Menschen Ruandas empfangen ihre Gäste mit offenen Armen.
Besucher benötigen ein „Gorilla-Permit“
Aber die Behörden Ruandas lassen sich die Visite der Urlauber fürstlich entlohnen. Wohl wissend, dass die Profite aus dem Tourismus einem der ärmsten Länder der Welt helfen werden. So kostet ein „Gorilla-Permit“ rund 1.500 US-Dollar. Darin enthalten sind neben der Besuchsgenehmigung die Begleitung von Kleingruppen durch einen Führer und durch einen Spurensucher. Wer bereit ist, dieses Permit zu zahlen, darf sich auf eines der eindrucksvollsten Tier-Erlebnisse freuen, die der internationale Tourismus bereit hält. Denn die Berggorillas sind quasi die Hauptdarsteller einer Safari in Ruanda, das aber auch mit einer Fülle exotischer Landschaften und malerischer Dörfer überzeugt. Dies ist ein afrikanisches Land mit einer beeindruckenden Kultur und einer wechselvollen Historie.
Mit Guides zu den „Königen des Waldes“
Wer die Berggorillas in ihrem ureigenen Refugium erleben möchte, sollte sich auf zweierlei einstellen. Der Wecker wird am Tag der Safari sehr früh klingeln und die Pfade durch den Regenwald sind alles andere als problemlos passierbar. Dies ist keineswegs ein Spaziergang. Durch sattgrüne Täler werden die Besucher mit einem Geländewagen zum Nationalpark chauffiert. Dort, zu Füßen der acht Vulkane der Virunga-Kette, war der Spurensucher schon viel früher unterwegs. Er war die Vorhut der Guides, sichtete die Fährten der Berggorillas und informiert dann die Guides per Funk. Nur so kommen die Teilnehmer dieser ungewöhnlichen Safari in den Genuss, die „Könige des Waldes“ aus nächster Nähe erleben zu können.
Auf den Spuren der Zoologin Dian Fossey
Dian Fossey, die amerikanische Zoologin und Verhaltensforscherin, hat der Welt die Augen über die bedrohten Spezis im Regenwald geöffnet. 18 Jahre lang lebte sie im Grenzgebiet zwischen der heutigen Demokratischen Republik Kongo und Ruanda – zuletzt im 3.300 Meter hohen und von der National Geographic Society finanzierten Forschungscamp Karisoko. Sie hatte ihr Leben den Berggorillas gewidmet und weitgehend deren Vertrauen gefunden. Sie war eine erbitterte Gegnerin der Wilderer, denen sie eines Nachts in ihrer Hütte als Opfer eines Mordes zum Opfer fiel. Dian Fossey wurde dort begraben, wo sie über einen so langen Zeitraum die Hüterin dieser bedrohten Lebewesen war. Von ihrer ersten Hütte im Regenwald sind aber nur noch die Fundamente erkennbar. Gewildert wird heute, im Gegensatz zur kongolesischen Nachbarschaft, in Ruanda nicht mehr. Vielmehr empfängt das Land die Besucher bei deren Gorilla-Safari mit erkennbarem Stolz.
Auge in Auge mit den „Silberrücken“
Es wabern zuweilen noch die Vorhänge aus einem grauen Nebel über die sattgrünen Hänge der Virunga-Vulkane, wenn sich die Teilnehmer dieser Safari ihrem Ziel nähern. Fast immer öffnen sich über dem Karisimbi oder dem Gahinga die Nebelfetzen, wenn der Guide im letzten Camp zum Aufbruch drängt, weil der Spurensucher eine Gruppe der Berggorillas gesichtet hat. Über Wiesen geht es in den Bambuswald und schließlich über Pfade, auf denen sich die Besucher nur mühsam vorwärts bewegen. Plötzlich drückt der Führer den Zeigefinger auf die Lippen und deutet auf eine Lichtung. Der Anführer der Berggorillas, ein mächtiger Silberrücken mit einem Gewicht von rund zweihundert Kilogramm, hat die Besucher längst entdeckt. Er grunzt, um den Ankömmlingen zu bedeuten: Ich habe Euch gesehen. Die Tiere sind wild, aber nicht scheu, und sie dulden die Nähe der Menschen. Auge in Auge mit den Berggorillas – das ist ein Schauspiel der ungewöhnlichen Art.
Ruanda – Der Zauber im afrikanischen Regenwald
Wissenschaftler haben in ihren Studien ermittelt, dass rund 98 Prozent der Gene zwischen Mensch und Gorilla übereinstimmen. Sehr nahe dürfen die Besucher den Berggorillas nicht kommen, um der Gefahr zu begegnen, dass sich die gefährdeten Kreaturen im Regenwald erkälten könnten. Wenn der Guide knurrt und zischende Laute von sich gibt, dann scheinen die Gorillas dies zu kennen und zu beruhigen. In Ruanda gibt es noch rund 300 dieser Exemplare, weltweit sind es knapp achthundert. Die Begegnung mit den Gorillas ist einzigartig und erhebend – ein Zauber im afrikanischen Regenwald.
Aber Ruanda hat mehr zu bieten als allein ein Trekking zu den bedrohten Tieren.
Die Savannen des Akagera Nationalparks sind bekannt wegen ihres großen Wildreichtums und der Vielzahl unterschiedlicher Formen der Vegetation. Der Nyungwe Nationalpark im Südwesten erfreut das Auge der Gäste mit seinen Teeplantagen und ist der Lebensraum zahlreicher endemischer Vögel. In den Bäumen kreischen dort die Schimpansen. Ruandas Metropole Kigali gilt als eine der saubersten Städte des Kontinents. Sie ist so etwas wie das Portal zum Gorilla-Trekking und verfügt nicht nur über erstklassige Hotels sondern auch über zahlreiche Restaurants. Bei einer Rundreise durch die Savannen werden die Besucher an Schweizer Almwiesen erinnert. Das Land hat sich den Ruf erworben, das sicherste in Afrika zu sein.