Sizilien – diese Insel ist ohne jeden Zweifel eine der schönsten Seiten Italiens. Sie ist umschlungen von einem mal sanften und mal wilden Meer und gesegnet mit einem nahezu permanent heiteren Himmel. Wer auf Sizilien mit offenen Augen durch die antike Stadt Syrakus bummelt, der begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit und damit in die abwechslungsreiche Geschichte dieser Region. Ehe Syrakus das wurde, was es heute ist, waren hier Römer und Griechen. Auf den Spuren dieser Epoche begibt sich der Urlauber bei einem Aufenthalt in dieser heiteren und doch melancholischen Stadt.
Die Heimatstadt des genialen Archimedes
Mit Syrakus verbindet sich aber auch der Name einer historischen Persönlichkeit. Mit jenem des genialen Mathematikers, Konstrukteurs und Physikers Archimedes. Auch wenn vieles im Leben des Griechen hinter einem Schleier verborgen blieb, so wurde dieser Mann doch zu einer Legende. Nicht zuletzt deshalb, weil er sich im Zweiten Punischen Krieg zwischen den Streitmächten Roms und Karthagos um Syrakus verdient machte, indem er während der Belagerung für seine sizilianische Heimatstadt damals völlig neuartige Wurfmaschinen entwickelte. Etliche Jahrhunderte später löste Syrakus – wenn auch nur für eine kurze Zeit – Konstantinopel als Hauptstadt des Oströmischen Reiches ab. Diese Metropole im tiefen europäischen Süden kann auf eine reiche Historie zurückblicken. Und sie ist stolz auf die Zeugnisse vergangener Epochen.
Die Statue des Apostels Paulus
Auf der Halbinsel Ortygia wurden die ersten Spuren von Syrakus nachgewiesen. Hier gab es eine ergiebige Süßwasserquelle unweit der mäandernden Flüsse Ciana und Anapo, die noch heute sprudelnde Fonte Aretusa. Die Gründung der Stadt fiel in die Zeit der Regentschaft des Tyrannen Dionysius, doch das Terrain der sogenannten „Wachtelinsel“ Ortygia wurde sehr bald zu klein, um nahezu fünfhunderttausend Menschen unterzubringen. Aber der antike Kern von Syrakus befindet sich in Ortygia, mit den verwinkelten Gassen einer charmanten Altstadt. Zwischen den Ruinen des Apollontempels und dem historischen Hafen wird wie eh und je um den Preis der gefangenen Fische gefeilscht. An der Stelle der einstigen Tempelverehrung für die Gottheit Athene erhebt sich nun am Domplatz eine christliche Kirche. Viele gläubige Sizilianer sind davon überzeugt, dass der Apostel Paulus auf seinem Weg nach Rom in Syrakus an Land ging. Vor dem Dom hat man ihm eine Statue gewidmet.
Die Altstadt in der Liste der UNESCO
Als Syrakus im Jahr 1693 durch ein verheerendes Erdbeben fast vollständig zerstört wurde, baute man die Stadt im Stil des Barock wieder auf. Santa Maria delle Colonne, die Hauptkirche der Stadt, entstand als eine erstaunliche architektonische Mixtura aus verschiedenen Elementen. Hier findet sich ein Gemisch aus Tempeln der Antike sowie normannische Baustile und die vollendete Hingabe zum Barock. Im Innern der Kathedrale sind die schönen Mosaikarbeiten und die vier Meter hohe silberne Statue der Heiligen Lucia bemerkenswert. Erhalten geblieben ist das Holzdach aus dem 16. Jahrhundert. In den Abendstunden entwickelt die Piazza del Duomo in der Altstadt ein ganz außergewöhnliches Flair und könnte mit ihren Palazzi als filmreife Kulisse dienen. Es war wohl die Sammlung der Zeugnisse verschiedener Kulturen, die die UNESCO veranlasste, die gesamte historische Altstadt von Syrakus in die Liste der Weltkulturerbe aufzunehmen.
Das berühmte „Ohr des Dionysius“
Die Besucher der Stadt sind häufig überwältigt von Macht und Größe von Syrakus. Immerhin war diese Metropole über einen langen Zeitraum eine Art Weltstadt am Mittelmeer. Spätestens bei der Besichtigung des archäologischen Parks Neapolis bekommt der Gast einen Eindruck der einstigen Dimensionen. Neben dem riesigen Amphitheater mit seinen einst 15.000 Sitzplätzen ist das sogenannte „Ohr des Dionysius“ ein Besuchermagnet im Park. Dabei handelt es sich um eine Höhle im Kalkstein. Der Eingang zu dieser rund 65 Meter tiefen Grotte ähnelt tatsächlich einem menschlichen Ohr und war schon immer eine Geburtsstätte diverser Legenden. Die Höhle ist Teil der „Latomia del Paradiso“, eines Steinbruchs, wo Material zum Aufbau der antiken Stadt gewonnen wurde. Friedrich Schiller ließ sich vom „Ohr des Dionysius“ zu seiner Ballade „Die Bürgschaft“ animieren.
Zufluchtsstätte der frühen Christen
Diese Stadt am Meer atmet Geschichte mit ihren archäologischen Stätten, aber auch mit ihren sehenswerten Museen. Archimedes, dem berühmtesten Sohn von Syrakus, widmet die Stadt das Museo Arkimedeion. Die Entdeckungen des Mathematikers stehen hier im Mittelpunkt, und weil dies alles verständlich aufbereitet wurde, ist der Besuch dieses Hauses auch jungen Menschen zu empfehlen. Im antiken Bereich namens „Tyche“ führt der Weg der Besucher in die Unterwelt. Unweit der Viale Teocrito entstanden die berühmten Katakomben von Syrakus. Sie waren einst die Zufluchtsstätte der frühen Christen, die sich vor den römischen Soldaten verstecken mussten. Dass der Apostel Paulus diese Stätte aufsuchte, könnte allerdings Teil der Legendenbildung sein. Tatsache ist, dass in diesen Katakomben die Christen ihre Toten zur letzten Ruhe betteten. Die Basilika San Martino zählt zu den ältesten Gotteshäusern in Syrakus. Sie stammt aus dem 6. Jahrhundert vor Christi Geburt und liegt gegenüber dem Palazzo Bellomo. Und wer die antiken Stätten auf der Halbinsel Ortigia studiert hat, der sollte sich dort unbedingt das Castello Maniace anschauen. Es waren die Byzantiner, die mit dem Bau dieses Haus bereits im 11. Jahrhundert starteten. Fertiggestellt wurde das Castello allerdings erst unter der Regentschaft von Friedrich II.