Abschalten und tief durchatmen. Wer einsame Inseln mag, ist hier richtig. Abgelegen ist die westfriesische Insel Schiermonnikoog zwar nicht, dafür aber ursprünglich. Ihre Natur ist ungezähmt, und sie ist nicht überlaufen. „Kleines Büschelchen“ nennen die Niederländer zärtlich die Insel mit der einzigartigen Dünenlandschaft. Fans schwärmen, sie biete die schönsten Sonnenuntergänge. Wer auf einer Düne steht, genießt den Blick auf die tosende See oder die Küstenlinie vor Groningen. Das niederländische Eiland zwischen Nordsee und Wattenmeer liegt westlich von Borkum – dazwischen gibt es nur unbewohnte Vogelinseln. Schiermonnikoog ist nicht nur Rastplatz für Zugvögel, sondern auch Zufluchtsort für gestresste Menschen, die mit Wind in den Haaren und Wattschlamm unter den bloßen Füßen Entschleunigung suchen – um „runterzukommen“.
Schiermonnikoog heißt „Insel der grauen Mönche“
Partys? Fehlanzeige. Stattdessen kilometerlange weiße breite Strände. Der breiteste misst fast einen Kilometer. Im Gegensatz zu anderen Inseln wächst Schiermannikoog, ja wandert sogar, denn permanent wird Sand angeschwemmt, und der Wind tut den Rest. 16 Kilometer lang und vier Kilometer breit ist die kleinste der westfriesischen Inseln. Manche halten sie für die schönste der Niederlande. Ihren seltsamen Namen erhielt sie, weil einst Zisterzienser-Mönche in grauen Kutten dort lebten. „Schiermonnikoog“ heißt in westfriesischem Dialekt „Insel der grauen Mönche“.
Autos dürfen nicht auf die schönste Insel der Niederlande
Heute lädt sie Besucher vor allem zu endlosen Spaziergängen und zum Radfahren ein. Aber das ist längst nicht alles. Die touristische Infrastruktur stimmt, denn die Bäderkultur hat auf Schiermonnikoog eine lange Tradition. Hübsche Pensionen, komfortable und sehenswerte historische (!) Hotels, ein Campingplatz und schicke Ferienwohnungen sorgen für die Vielfalt an Quartieren. Hübsche Krimskramsläden säumen die Hauptstraße. Auch auf kulinarische Genüsse in Cafés, Kneipen und Restaurants müssen Touristen nicht verzichten. Es gibt gediegene Fischrestaurants neben einem Strandpavillon in den Dünen, der zu einem Sundowner einlädt. Nur Autos dürfen nicht auf die Insel. Für die rund 1000 „Eingeborenen“ wird jedoch eine Ausnahme gemacht.
Urige Backsteinhäuschen und Hotels aus dem 18. Jahrhundert
Westerburen hieß einst das Inseldorf, das vom Meer verschluckt wurde. Das neue, sorgfältig auf dem Reißbrett geplante Inseldorf Schiermonnikoog weiter westlich ist auch schon alt. Zumindest hat es sich noch viel Denkmalwürdiges bewahrt. Immerhin gibt es noch Bauten aus dem 18. Jahrhundert. Die kleinen holländischen Backsteinhäuschen – einige mit Stufengiebeln zur Straße „Lange Streek“ – wirken sehr urig. Große Betonklötze aller Art – ob Einkaufscenter, Hotelneubau oder Apartmentanlage – sucht man vergeblich. In den 70er-Jahren verhinderte der Inselrat einen Bauboom. Das ist heute das große Plus von Schiermonnikoog. Die Insel wurde 1989 zum Nationalpark erklärt – Flora und Fauna sollen geschützt bleiben. 300 Vogelarten wurden auf Schiermonnikoog gezählt.
Über den Sandstrand segeln im Dreirad-Buggy
Obwohl das Eiland so klein ist, gibt es Wald, Seen, Salz- und Trockenwiesen, Polder, Kühe und das beeindruckende Watt. Neben Wasservögeln stolzieren Fasane durchs hohe Gras, und Kaninchen flitzen über die Dünen. Hobby-Ornithologen kommen voll auf ihre Kosten. Besucher können sich an der puren Natur freuen, die gar nicht so ungefährlich ist: Bei Flut werden viele Wiesen überschwemmt, und manchmal sind Wanderer eingeschlossen, bis die Ebbe sie wieder befreit. Drachenfliegen, Kiten oder Segeln mit dem Dreirad-Buggy über den Sandstrand sind unvergessliche Urlaubs-Erlebnisse. Auch ein kleines Muschelmuseum wartet auf Touristen.
Schiermonnikoogs Leuchttürme sind beliebtes Fotomotiv
Zu den Sehenswürdigkeiten der Insel zählen außerdem zwei wunderschöne alte, architektonisch elegante Leuchttürme, die man leider nicht besichtigen darf. Sie sind aber ein willkommenes Fotomotiv. Der weiße Zuidertoren (Südturm) ist 31 Meter hoch und stammt wie sein Zwillingsbau aus dem Jahr 1854. Er hat seine alte Funktion verloren, war zwischenzeitlich Wasserturm und ist jetzt ein Sendeturm. Der rote Noordertoren (Nordturm) ist aber noch in Betrieb. Er ist inzwischen modernisiert und erleichtert weiterhin Schiffen die Passage durch die Untiefen vor Schiermonnikoog. Zugegeben: Im Juli und August kann es auf der Insel schon mal eng werden. Dann landen pro Tag bis zu 4000 Besucher auf Schiermonnikoog. Die Touristeninformation und die zwei Fietsen-Verleihstationen, wo Touristen sich Räder und Tandems ausleihen können, sind dann belagert. Das Positive am Ansturm der Tagesbesucher: Spätestens mit der letzten Fähre nach Lauwersoog sind sie abends wieder verschwunden. Die Überfahrt von diesem Fährhafen bis zur Insel dauert übrigens 45 Minuten.In Lauwersoog können Besucher während ihrer Stippvisite ihr Auto im Parkhaus abstellen.
Schon 1866 wurde aus der Fischerinsel das „Seebad Schiermonnikoog“
In der Geschichte der Insel spielt ein Deutscher eine große Rolle. Doch zunächst kaufte 1859 John Eric Banck aus Den Haag die Insel. Da es für die Fischer und Seeleute der Insel immer schwieriger wurde, von ihrer Arbeit den Lebensunterhalt zu bestreiten, kam Banck auf die Idee, die Insel für den Tourismus zu erschließen. Er organisierte den Fährbetrieb nach Groningen, stellte eine Zimmervermietung auf die Beine und ließ einen Strandpavillon bauen. So wurde Schiermonnikoog bereits 1866 zum „Seebad“ erklärt. Der clevere Geschäftsmann liebte übrigens seine kleine Bank für die Rast auf dem Deich – noch heute gibt es die „Bank von Banck“. 1893 verkaufte Banck die Insel dann wieder – an den deutschen Grafen Berthold Hartwig Arthur von Bernstorff-Wehningen. Dieser baute 1927 den ersten Schiffsanleger, den heutigen Jachthafen. Der Gutsbesitzer, der 1987 starb, ließ auch Straßen bauen und Nadelwald anlegen. In Zweiten Weltkrieg schützte er die Insel vor den Angriffen der Nazis. Noch heute genießt er deshalb großes Ansehen auf Schiermonnikoog.