Birmingham – die mit aktuell gut 1,1 Millionen Einwohnern zweitgrößte Stadt Großbritanniens ist seit gut 250 Jahren auch das wichtigste wirtschaftliche Zentrum der Region Midlands. Hier begann um 1750 die Industrielle Revolution in England.
Die wie Pilze aus dem Boden wachsenden Schornsteine und die damit einhergehende Luftverschmutzung verliehen der Gegend bald den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Black Country“ (schwarzes Land). Bis Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Birmingham aufgrund der zahlreichen Fabriken und Firmen zur „Stadt der 1.000 Branchen“.
Hier wurden zum Beispiel die Schienen, Waggons und Lokomotiven für den Ausbau des englischen Eisenbahnnetzes produziert. Während der Weltkriege war Birmingham auch die bedeutendste britische Rüstungsschmiede. Die als „Birmingham Blitz“ berüchtigten deutschen Bomberangriffe zwischen 1940 und 1943 kosteten seinerzeit ca. 5.000 Menschenleben und zerstörten über 6.000 Bauwerke. Nach 1945 wurde die nach wie vor viele Arbeitskräfte benötigende Stadt zum bevorzugten Ziel von Einwanderern aus dem Commonwealth. Mit dem ab den 1970er Jahren allmählich einsetzenden Niedergang der britischen Schwerindustrie verlor langsam auch Birmingham seine Bedeutung als Industriemetropole.
Der große Plan zur Neugestaltung von Birmingham ist erfolgreich aufgegangen
Den lange Zeit schwierigen Strukturwandel weg von Kohle und Stahl hin zu Handel und Dienstleistungen meisterte die Stadt in den darauf folgenden Jahrzehnten vergleichsweise mustergültig. Seit Anfang der 1990er Jahre wurden in ganz Birmingham zahlreiche brachliegende ehemalige Industrieflächen umgewidmet und neuen Zwecken zugeführt.
Mit dem Bau des „International Convention Centre“ (1991) an der Broad Street und dem Centenary Square sowie der Entwicklung und Neugestaltung des benachbarten Quartiers Brindleyplace ab ca. 1995 erhielt Birmingham belebende ökonomische Impulse. Auch die Eröffnung des Shoppingcenters „Mailbox Birmingham“ (2000) an der Commercial Street sowie die Sanierung des innerstädtischen Einkaufsareals „Bull Ring“ (2003) sorgten für die Ansiedlung namhafter internationaler Firmen und neue Arbeitsplätze.
Dank des im Jahr 2008 verabschiedeten innovativen Stadtentwicklungskonzepts „Big City Plan“ wurden außer im historischen Zentrum „City Centre Core“ auch in Eastside, Digbeth, Southside and Highgate sowie Westside and Ladywood umfangreiche Investitionen getätigt. Hierbei entstanden speziell auch für den Tourismus vor Ort bedeutsame Attraktionen wie etwa die Büro- und Hotelkomplexe „The Cube“ und „Snowhill“, die öffentliche Bibliothek „Library of Birmingham“ und das knapp drei Hektar große Naherholungsgebiet „Eastside City Park“.
Das schmucke Schmuckviertel, zahlreiche sehenswerte Museen und Kultur satt
Exemplarisch für die ehrgeizige und erfolgreiche Neuausrichtung der Stadtpolitik in den Bezirken Birminghams steht auch die ab den frühen 2000er Jahren erfolgte Renaissance des traditionsreichen Viertels der Goldschmiede, des von vielen roten Backsteinhäusern geprägten „Jewellery Quarter“ in der nordwestlichen Innenstadt.
Hier, wo immer noch gut 40 Prozent des Schmucks im Vereinigten Königreich produziert werden, haben sich seither Künstler, Museen und Galerien sowie Gastronomie und Geschäfte angesiedelt. Zu empfehlen sind beispielsweise das gut besuchte „Museum of the Jewellery Quarter“ in der Vyse Street und die „St. Paul’s Gallery“ mit der weltweit größten Sammlung von signierten Musikalben in der Northwood Street sowie die „RBSA Gallery“ der lokal ansässigen „Royal Birmingham Society of Artists“ in der Brook Street.
Zu den insgesamt neun Häusern des „Birmingham Museums Trust“ gehört das ebenfalls sehenswerte, im Jahr 2001 eröffnete „Thinktank Birmingham Science Museum“ im riesigen Kulturkomplex „Millennium Point“ an der Curzon Street. Die große Bandbreite historischer Architekturformen können Besucher Birminghams auf dem jakobinischen Landsitz aus dem frühen 17. Jahrhundert „Aston Hall“ an der Trinity Road und in den einstigen Arbeiterbehausungen „Back-to-Back-Houses“ aus dem 19. Jahrhunderts in der Inge Street und Hurst Street bewundern.
Wo früher geschuftet wurde, entstehen heute kreative Konzepte für die Zukunft
Ebenfalls wie eine Zeitreise in die Vergangenheit der Stadt ist ein Abstecher in das „Gun Quarter“ nördlich des Zentrums zwischen Shadwell Street, Steelhouse Lane und Loveday Street. Die ersten Schusswaffen wurden hier nachweislich ab 1630 hergestellt, noch bis zum Beginn der 1960er Jahre hatten zahlreiche einschlägige Produzenten ihren Sitz in dem Quartier.
Heute gilt das „Gewehrviertel“ trotz zahlreicher leer stehender Gebäude als vielversprechender zukünftiger Geheimtipp. Die Geschichte des Gebiets können Touristen im früheren Beschussamt und heutigen Museum für Waffenkunde, dem „Birmingham Proof House“ in der Banbury Street kennenlernen. Der ereignisreichen, bewegten und langen städtischen Industriehistorie gleichermaßen gewidmet ist die Ausstellung in der denkmalgeschützten Wassermühle „Sarehole Mill“ von 1771 an der Cole Bank Road im südöstlichen Bezirk Hall Green.
Das vor allem von der Kreativwirtschaft genutzte, gut zwei km² große Gebiet „Warwick Bar“ am Zusammenfluss der künstlichen Wasserwege „Grand Union Canal“ und „Digbeth Branch Canal“ im Bezirk Eastside war im 19. Jahrhundert eine wichtige Schiffsschleusenanlage. Ebenfalls vorrangig von Kultur- und Medienunternehmen sowie für Veranstaltungen, Konzerte und Events genutzt wird die einstige Puddingfabrik „Custard Factory“ von 1906 in der Gibb Street.
Birmingham war und ist eine ergiebige Brutstätte für Pop- und Rockmusik
Neben seinen vielen geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten weist die Stadt Birmingham also auch eine ganze Reihe von modernen und zeitgemäßen Attraktionen sowie Freizeit- und Unterhaltungsmöglichkeiten für seine alljährlich ca. eine Million Gäste auf.
Die lokale Musikszene, die eine der produktivsten in Großbritannien ist und weltberühmte Gruppen wie The Spencer Davis Group, Electric Light Orchestra und Black Sabbath sowie Judas Priest, UB40, Dexys Midnight Runners und Fine Young Cannibals hervor gebracht hat, gilt heute nicht nur unter jungen Leuten als einer der größten Publikumsmagneten der Stadt.
Livekonzerte von Bands aus Birmingham und Umgebung, England sowie der ganzen Welt finden häufig im „Digbeth Institute“ sowie im „Midlands Arts Centre“ im Cannon Hill Park in Edgbaston, in der „Arena Birmingham“ in der King Edwards Road und im „CBSO“ Centre statt. Gute Adressen für ausgelassenes und vielseitiges Nachtleben sind die Broad Street (Westside), das „Chinese Quarter“ (Southside) rund um Hurst Street, Pershore Street und Ladywell Walk sowie der unter dem Namen „Irish Quarter“ bekannte Stadtteil Digbeth.
Der städtische Festkalender ist gut gefüllt, die regionalen Spezialitäten sind urig
Zu den regelmäßigen Veranstaltungen mit den meisten Besuchern in Birmingham zählen das Militärmusikfestival „Birmingham Tattoo“ im November, der „Birmingham International Carnival“ alle zwei Jahre im August, die Parade „Birmingham Pride“ zu Ostern, der „Saint Patricks Day“ im März und das internationale Performancefestival „Fierce!“ im Mai.
Viele Besucher verzeichnen auch das „Supersonic-Festival“ im Juli, das „Swingamajig-Festival“ im Mai und das „ValeFest“ im Juni. Von Ende August bis Anfang September 2022 wird Birmingham voraussichtlich die „22. Commonwealth Games“ mit ca. 5.000 Sportlern aus etwa 73 Nationen beherbergen. Teilnehmer und Besucher dieses traditionsreichen Events können dann für die Stadt typische kulinarische Spezialitäten wie die herzhafte Pastete „Brummie bacon cakes“, das Fleischgericht „Faggot“ aus Innereien vom Schwein und den „Groaty pudding“ aus Getreidegrütze, Lauch und Rindfleisch genießen. Eine weitere gute Gelegenheit, um klassische Gerichte aus Birmingham und Umgebung zu probieren, ist auch das immer im Juli veranstaltete „Colmore Food Festival“ auf dem Victoria Square.