Heute möchte ich Ihnen von einer sehr speziellen Reise Bericht erstatten, die im Fundus meiner Erfahrungen den festen Platz der „Originalität“ innehat. Im August 2018 machte ich für 2 Wochen mit einem Shaolinmönch, der ursprünglich aus China stammt, aber schon seit 2004 in Europa unterrichtet und daher sehr gut Deutsch spricht, die Reise zu jenem Shaolintempel in China, die alljährlich stattfindet. Das Ganze nannte sich eine Kulturreise, bei der man ernsthafte Einblicke in das kulturelle Leben im und um den Shaolintempel erfahren könne. In jenem Jahr waren in etwa 10 Personen mit dabei.
Die Anreise
Der gut gelaunte Reiseleiter und Shaolin Shifu Yan Liang wartete in den Flughafenhallen Wiens auf die nach und nach eintrudelnden Reiseteilnehmer. Ich wohne hier, daher konnte ich gleich mit dem Zug hinaus nach Wien Schwechat fahren, von wo aus der Flug startete. Wenn ich Buddha malen würde, so wäre er nicht unähnlich diesem Herrn, der zwar sehr kräftig von der Statur ist, aber dennoch Milde in seinem Gestus aufweist. Dies war der perfekte Anklang an die Reise. Wir flogen über Frankfurt nach Beijing. Das Flughafengelände dort ist ausgesprochen modern und von einer Riesengröße, wie ich sie natürlich bislang nicht kannte.
In so großen Städten war ich noch nicht. Mir fiel schon auf, wie flirrend die Stimmung ist, die in China in der Luft liegt, wenn die Leute gut gelaunt sind. Auch die Geschichte des Kommunismus fiel mir wieder ein, aber Passkontrollen – ja, das gab es doch in der europäischen Union auch einmal. Also gar nicht so lange her. Dann der Schnellzug (300 km/h) – in 3 Stunden von Beijing nach Dengfeng, und von dort dann mit einem gemieteten Reisebus hin zum Shaolintempel.
Wie man so schön von Kung Fu Fans sagt, so hielten wir tatsächlich am laufenden Band Ausschau, ob wir nicht irgendwo am Horizont die berühmten Shaoshi Mountain Gebirge oder gar den Tempel selbst erblicken würden. Dann war es endlich soweit. Wie uns bewusst wurde, gibt es da aber noch eine Kontrolle vor man ins Shaolin-Areal einfahren darf. Wir fuhren im Bus vorbei an riesigen Kung Fu Schulen, die Tausende Schüler auf riesigen Trainingsplätzen trainieren ließen. Es ist relativ warm, etwas feucht in der Luft, das liegt wohl am Klima.

Auch daran mussten wir uns gewöhnen, beziehungsweise verströmte es eine gewisse Energie über die zwei Wochen: Yi-Ha! Yi-Ha! Mit diesem ständigen Ausruf motivierten sich die jungen motivierten Kung Fu Schüler ständig, bei der Stange zu bleiben und ihr körperlich wie geistig erschöpfendes Training weiterzuführen. Wir wurden dann im Shaolinhotel außerhalb und oberhalb des Tempels auf der anderen Seite des Flusses einquartiert, da die Hallen im Tempel für Besucher gerade umgebaut wurden. 2018 war also alles anders: Denn sonst, so erzählte mir ein Teilnehmer der schon öfter dort war, wohnte man doch tatsächlich im Shaolintempel selber, innerhalb derselben roten Mauern, wie die Mönche! Dann war erst einmal Pause angesagt und wir durften schlafen und uns von der Anreise erholen.
Tag 1 der Shaolin-Kulturreise
Der Eröffnungstag bot uns dann die besondere Gelegenheit, eine persönlich geleitete Führung von YanLiang zu besuchen. Einmal hatte das den Vorteil, dass er selbst Shaolinmönch ist und früher lange Zeit hier gelebt hat, zum anderen spricht er sehr gut und verständlich Deutsch. YanLiang ist wirklich der Eckpfeiler dieser Reise und er trägt viel zum Kulturgenuss dort bei.
Zuerst kam das allseits bekannte Eingangstor, das wirklich ganz so ist, wie man es sich vorstellt, wie in Filmen oder Dokus. Diese geschwungenen Dächer im chinesischen Stil, die Holztore. YanLiang führte uns dann in den Tempel selber. So lernten wir, dass man über die schwarzen Steinplatten mit den eingravierten Lotusblüten gerade deshalb schreitet, um seine Seele zu reinigen. Der Räucherduft ist natürlich kreuz und quer im Tempel immer wieder einmal da.

Viele Touristen aus China, ein paar wenige aus den USA oder Europa oder anderen Ländern mischen sich darunter. Wir lernten, dass die Kriegerfiguren in den Tempeln dem Schutz desselbigen dienten, diese Statuen die den Eingang bewachen. Chinesische Kultur wurde uns auf diese Weise nähergebracht, und die verschiedenen Buddhas haben je teilweise auch ihren Schrein innerhalb des Tempelkomplexes – Pusa etwa hatte 100 Arme mit den verschiedensten Requisiten, der einem natürlich entsprechend mit all dem „aushelfen“ könnte – wenn man in Not wäre und zu ihm beten würde. Wir lernten die Etikette, erhielten unsere Zeremoniegewänder, uns wurde gesagt wie man der Zeremonie richtig beiwohnt und wie man meditiert.
Da, wie ich hörte, jede Kulturreise ein wenig anders ist, die man in den Shaolintempel macht, ist das was ich und wie ich es erlebt habe, sicher auch nicht absolut verallgemeinerbar. Jeder macht diese Reise anders, jedes Jahr ist ein wenig anders. 2018 wurde etwa, und daran zeigt sich das, der Tempel renoviert, was in anderen Jahren nicht so ist, weswegen wir ja im Shaolin-Hotel etwas oberhalb und außerhalb, auf der anderen Seite des Flusses einquartiert wurden.
Tag 2-11: Training
Ich beschreibe einfach einen typischen Trainingstag, stellvertretend für alle Tage die wir dort waren. Wie man das so erwartet, erhält man natürlich ein fundiertes Training in Shaolin. Bei uns war es in diesem Jahr so, dass beinahe jeden Morgen um 6:00 Trainingsbeginn war.

YanLiang unterrichtete uns routiniert in der Quigong-Form „Die 8 Brokate“, was soviel heißt wie die 8 Seidenstücke. Es ist dies eine Form, die in China vielfach praktiziert wird, da ihr gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben werden. Für mich war es schon gesund, ich kam leicht ins Schwitzen und dehnte meine Bänder, Sehnen und Gelenke mithilfe der Vorgaben. 1 Stunde oder etwas länger dauerte es. Daraufhin folgte das Frühstück wieder oben im Hotel, bestehend aus Reisbrei, Dampfbrötchen, gekochtem Gemüse und hartgekochtem Ei.
Für einen Österreicher ist natürlich eine Semmel ansonsten Pflicht, nur habe ich nach einer Umstellungsphase auch diese mir vielfach unbekannte Weise zu Essen verstanden und ich konnte mich wahrhaft damit anfreunden. Nachdem wir fertig gegessen hatten, hieß es kurz Pause und nach einem Nickerchen machte man sich auf in die Trainingshalle des Shaolintempels. Es ist sehr zweckmäßig. Eine große Bühne erzählt noch aus vergangenen Show-Tagen. Aber wir trainierten manchmal auch draußen. Man trifft auf Kung Fu Praktizierende aus aller Herren Länder, die sich den Traum erfüllten, und die daher, ob nur kurz wie wir, oder gar für ein paar Monate, authentisches Kung Fu am Ursprungsort erlernen wollten und konnten.
Den Kung Fu Unterricht übernahm ein junger chinesischer Meister, der uns motiviert und freundlich „bei der Stange hielt“. Ein Übersetzungsprogramm an seinem Smartphone half ihm, uns seine Verbesserungsvorschläge für unsere „Moves“ bekanntzugeben, wo sein Englisch dazu ausnahmsweise dann eben nicht ausgereicht hatte – App sei Dank auf Deutsch. Wie dem auch sei, so ging es dann nach 2 Stunden über noch einmal kurz im Tempel zu flanieren, wo es wirklich sehr historisch und schön ist, das muss ich sagen.
Nach dieser kurzen Verschnaufpause saßen wir dann in dem schönen Zen-mäßigen Speisesaal, wo man mit anderen Gästen und den Shaolinmönchen zu Mittag aß. Es waren dunkle Holztische, man hatte eine Schale mit und zwei Essstäbchen und durfte sich bedienen. Es gab Reis, Dampfbrötchen, scharfe Chilis, würzige Erdnusskrümel, gesalzene Cashewnüsse, grünes und bitteres Gemüse, das mich an Spargel erinnerte aber eben etwas Chinesisches war, gebratene Lotusscheiben, Mischgemüse, Tofu und andere Sojaprodukte.

So konnte sich jeder nach Belieben sein bevorzugtes Mittagessen zusammensuchen – was dem einen schmeckt muss es ja dem anderen nicht, und so klapperte man nacheinander die Gefäße mit den gekochten Speisen ab. Die Shaolinmönche sind Buddhisten und daher ist es bei ihnen üblich, sich von den Gaben der Erde zu ernähren, sie sind vegetarisch, und auch Besucher essen dasselbe wie die Mönche. Das Wasser freilich muss man in Plastikflaschen kaufen. Nach dem Mittagessen machten wir noch einmal Pause oder unterhielten uns, vertrieben uns die Zeit.
Dann kam nachmittags YanLiang zu uns und wir übten in einem verborgenen Innenhof (einem Teilabschnitt innerhalb des Shaolintempels der verborgen vor den meisten Besuchern war) mit diesem die Shaolinform „Rou Quan“, das uns gemeinhin als „Shaolin Tai Chi“ vorgestellt wurde. Ein Zweitname, der durchaus passend ist, denn die sanften und fließenden Bewegungen „Luohan legt sich schlafen“, „Wolkenhände“ und „Stehen wie ein Berg“ erinnern durchaus an Tai Chi. Und wenn man in Shaolin sagt, Luohan legt sich schlafen, dann sieht die Bewegung auch entsprechend aus – mit breiten Beinen steht man seitlich, der Körper bildet eine schräge Linie, der Kopf wird leicht noch weiter als diese Linie geneigt, und ruht auf der Faust – fast so, als würde man schlafen.
Tag 2-11: Kulturaspekte, Wanderungen
An zwei Tagen haben wir alle zusammen auch die Zeremonie besuchen dürfen und als Teilnehmer neben den Mönchen stehen. Natürlich versteht man kein Chinesisch, doch für viele ist es was Besonderes, aus geschichtlichen oder anderen Gründen einfach hierbei teilzuhaben. Man blickt sich um und sieht dann auch einfach ein paar Statuen oder Wandgemälde und das ist dann schon recht „nice“.

Was die Kultur betrifft, so besuchten wir einmal außerhalb des Tempels einen Mönch, der uns Tee anbot, der irgendwelche Wasserpflanzen auf einem Areal anbaute, die auf Wasser schwommen aber so ähnlich wie Rhabarberblätter aussahen, aber wie ich denke kein Rhabarber waren. Er war sehr freundlich, und ist der auf dem Foto, der auch gerade einen Tee ausschenkt. Etwas Kalligrafie, ein Vortrag über Shaolinmedizin und andere kulturelle Aktivitäten wie Kung Fu Shows kamen auch vor. Wir besuchten die geheime Bibliothek der Shaolinmönche mithilfe von YanLiang, der uns herumführte und uns schilderte, dass dort alle möglichen Werke zu finden seien zu den für sie spannenden Themen, sowie ein Archiv mit alten und wertvollen historischen Dokumenten.
Er zeigte uns Bilder und einen Buchband, in dem stand, dass in grauer Vorzeit die Kung Fu Übungen, die im Shaolintempel geübt worden seien, weniger artistisch und eindrucksvoll gewesen seien, als diese, die heute vielfach in Kung Fu Schulen betrieben würden, dass diese aber absolut kampftauglich gewesen seien. Ein Erlebnis möchte ich noch in besonderem Maße hervorheben: YanLiang lud uns eines Abends zu einer berühmten Licht- und Lasershow, die natürlich nicht im Shaolintempel selber stattfand. Es war schon eine Busfahrt nötig, um zu dieser Show zu kommen. Das war auf einer Freiluftbühne, wo die englische Simultanübersetzung auf einem Bildschirm rechts neben dem Geschehen da war – aber die war gar nicht so wichtig.
Es wurde ein ganzer Berg, und ich übertreibe nicht, in eine gewaltige Lichtershow einbezogen, bei dem ein künstlicher Mond (!) gewiss ein paar Hundert Meter oberhalb der Hauptbühne beleuchtet wurde. Es leuchtete hier und dort, viele fröhliche Tänzerinnen und Kung Fu Experten, Schauspieler die als Shaolinmönche in dem Stück auftraten, sorgten für ein lebhaftes und spektakelhaftes Treiben auf der Bühne. Aufgrund des technischen Aufwandes, der Material- und der Lohnkosten wäre so eine riesige, eindrucksvolle Produktion wie die die wir in China sahen, in Europa keineswegs möglich. Dann besichtigten wir an einem anderen Tag noch eine riesengroße Pagode vor einem Berg, von jener habe ich auch ein Foto geschossen.

Es soll eine der Ältesten Chinas sein und sie war wirklich eine visuell-ästhetische Erfahrung. Wir besuchten auch taoistische Tempel, wo ich wirklich den Spirit der Wandzeichnungen und der heiligen Statuenfiguren spürte, wenn ich auch selber Katholik bin, so wirken doch mythisch-mystische Orte auf einer phänomenologischen und leiblichen Ebene ganz automatisch – die Aura des Sakralen, würde ich sagen. Was aber die Wanderung zum 3-Kaiser-Berg betraf, so war dieses mein absoluter Reise-Höhepunkt. Denn die ältesten Gesteinsschichten der Erde, die komischerweise ganz hier oben bei uns „ausgestellt“ werden, die vielen Stiegen, Höhle, Rinnsale, die man da durchsteigt, sind wirklich etwas ganz Besonderes. Milliardenjahre altes Gestein auf unserer Augenhöhe statt tief unter der Erde – wieso? Ein geologisches Wunder – „inverted universe“ genannt.
Tag 2-11: Kung Fu Schulen
YanLiang war wie gesagt einmal selber Bewohner von Shaolin. Von daher kennt er auch viele ehemalige oder aktuelle Shaolinmönche. So trifft es sich, dass seit er dort lebte nun manch ein Mönch seine eigene Schule gegründet hatte. Diese verstreuen sich auf viele verschiedene Orte. Wir besuchten gewiss 4 oder 5 verschiedene Kung Fu Schulen. Wenn auch die Örtlichkeiten, Räume, Größe, das Ausmaß und die Schüleranzahl variierten, so war uns doch eines gewiss: Wir wurden sehr freundlich willkommen geheißen. Wir waren 10 Touristen, aber jeder von uns durfte sich fühlen wie der Bürgermeister der Stadt, oder ein König.
Extra für uns Wenige wurde bei jedem der zahlreichen Besuche mit YanLiang eine Kung Fu Show der Schüler abgehalten. Wir wurden auch in den Schulen jeweils zur Mittags- oder Abendzeit verköstigt, wenn es gerade zusammenfiel. In einer Schule, das muss ich sagen, reihten sich ungelogen die gesamte Schülerschaft in 2 Reihen auf, und das einmal noch ums Eck, wo es weiter ging, und… applaudierten. Uns? Wofür? Mein „Feeling“ schwankte zwischen peinlicher Betroffenheit und Rührung. Was hatten „wir“ schon geleistet, um so einen Empfang zu erhalten?

Also China, meinen Hut ziehe ich vor dir, so wohlerzogene Kinder zu produzieren. Es herrschte große Freundlichkeit, großer Optimismus und die Kinder der Kung Fu Schulen, denen wir hierbei so begegneten, schienen sehr zufrieden und glücklich mit ihrem trainingsreichen Leben zu sein – Kung Fu hebt die Stimmung, wie mir scheint! Trotz all der harten Entbehrungen, die es vielleicht bedeutet. Eine andere Schule war die eines sehr berühmten Shaolinmönchs – 10.000 Schüler trainierten dort gebündelt auf einem riesigen Areal. Es gibt Indoorhallen und viele Outdoor-Trainingsplätze. Wie der Meister uns erzählte, holt sich hier Chinas Wettkampfsportbüro die zukünftigen Top-Athleten des Landes. Wir brauchen ein neu gegründetes chinesisches Ski-Team?
Here we go, suchen wir uns die besten Kung Fu Kämpfer aus. Dort wurden wir Zeugen von richtig hartem, schwerem und „dem“ traditionellsten Kung Fu Training. Die 12-Jährigen trainieren dort mit echten, schweren Eisenstangensäbeln statt mit Wellblech-Wackelschwertern. Ein paar 16-Jährige härteten ihre Handkanten und Handflächen sowie ihre Handrückseiten an gefüllten Säcken, die auf einem Tisch lagen und auf die sie ihre Hände temporeich hinaufschlugen. Eines ist gewiss: Mit diesen Männern sollte sich keiner anlegen, denn sie sind unbesiegbare Kampfmaschinen – die Legende, der Mythos lebt… vor allem in dieser Schule. Natürlich ist auch YanLiang ein sehr versierter Kämpfer, der dieselbe Ausbildung hatte damals wie diese Kung Fu Schüler heute.
Ganz besonders toll war es auch zu sehen, wie ein paar Schüler an 5 Pfählen übten, die in den Boden gerammt waren. An ihnen übten sie immer dieselbe Bewegungsabfolge wieder und wieder, da diese wohl für einen Kampf eine sehr gute Eignung anbot. Ein Fußfeger auf Pfahl 1 an der Seite, ein Schulterstoß auf Pfahl 2, ein Stoß in den Mittelpfahl, dann ein Tritt zurück zu Pfahl 3, noch eine Bewegung auf Pfahl 4, und dasselbe wiederholt sich in konstanter Reihenfolge, bis die Bewegungen zu ihrer zweiten Natur werden.
Tag 2-11: Das Essen

Im Tempel habe ich es ja schon beschrieben. Es gab jeden Tag recht ähnliche Speisen, aber eine sehr reichhaltige Vielfalt aus Gemüsearten, Nüssen und Soja, sowie Reis und Dampfbrötchen, von denen jeder so viel und das, was er essen wollte, essen konnte. Es ist ein sehr spirituelles Essen und ich fand es gesund, da es eben viel Gemüse zur Wahl gab.
Hin und wieder machten wir ja auch Ausflüge in einem von YanLiang gemieteten Autobus. Das Flair Chinas, dieses aufsteigenden Drachen, der jedenfalls in der Gegend wo wir waren, für mich spürbar war, erschließt sich so denke ich am Besten „on the road“ – und so erhielten wir nicht nur, wie versprochen eine Kultur- und Trainingsreise in den Shaolintempel, sondern auch in der Gegend herum einen sogenannten „Road Trip“. Dementsprechend aßen wir auch Mal bei Imbissbuden oder eben wie gesagt auch einmal in Kung Fu Schulen, die wir in der geführten Gruppe besuchten, abseits des Tempels.
Einmal lud uns YanLiang ein in ein erstklassiges 4-Sterne Restaurant. Während sich die anderen Teilnehmer daranmachten, das Fleisch auf dem „Round-Table“ mit drehbarer Servierplatte zu konsumieren, ergriff ich eine andere Gelegenheit, dann nämlich, wenn das Wort „Gelegenheit“ auch für „Reiskuchen“ stehen könnte. Denn ich fing das exquisite Dinner wohlweislich in umgekehrter Manier an, gänzlich meiner Neigung für Süßspeisen folgend, und beschlagnahmte für mich den gesamten auf der Servierplatte vorhandenen süßen Reiskuchen – ein geschickter Schachzug, wie sich herausstellen sollte, da er wirklich sehr gut war. Wer sich wie ich das getan habe, YanLiang einmal anschließen mag, und wenn ihr so denkt wie ich: konzentriert euch und seid die Ersten beim Reiskuchen.
Tag 12-14: Ausflug nach Dengfeng
Dengfeng ist halt auch irgendwie spannend anzuschauen. Die Einkaufszentren sind mittlerweile ja schon auf der ganzen Welt gleich. Im Grunde erhielten wir dann noch die Gelegenheit, vermittelt durch den Großmeister ein paar günstige Reisesouvenirs in einem kleinen Bekleidungsgeschäft zu erwerben. Teuer war es nicht und mir gefiel ein T-Shirt besonders, da es eine der Mönchsfiguren von den Tempelmalereien darauf enthielt. Jene Wandgemälde stehen ja alle für Shaolinkämpfer aus ferner Vergangenheit, sie sind Erinnerungsgemälde an diese und bildeten vergangene Kampftechniken ab.
Die Abreise
Ganz besonders hervorheben möchte ich noch die Abreise, beziehungsweise den Abreisetag. Es verhielt sich so, dass wir noch ein, zwei Stunden Zeit hatten, wir saßen im Hotel und ich langweilte mich, da fabulierte ich davon, doch noch einmal den Tempel zu sehen und noch einmal den Medizinhof des Tempels zu besuchen, wo ich einmal kurz von einer leichten Influenza kuriert worden war. Meine Kollegen ermunterten mich, doch noch einmal vorbeizuschauen, und das tat ich. Ich ging hin, bekam würzigen Bergkräutertee ausgeschenkt, den ich trank.
Daran werde ich mich sicher erinnern, und, wie es heißt, sammelten die Mönche selber die Kräuter dazu. Da ich mutig war, ließ ich mir auch noch für die bevorstehende Reise meine Wirbelsäule von den Experten der Shaolinmedizin etwas zur Seite drehen, um einen guten Energiefluss zu haben. Wir kehrten rechtzeitig zurück, und sahen einen alten Bekannten wieder: Den Mönch, der bei YanLiang in Wien jahrelang unterrichtet hatte, bis er kurz vor unserer Reise nach China zurückgekehrt war. Ich kannte ihn auch, bin ich doch öfter im Wiener Shaolin Kulturzentrum gewesen.

Es ist ein kräftiger, gut gelaunter, immer strahlender Mönch – so ist das wohl mit der Zen-Meditation und bei ständigem Training. Wir sagten diesem alten Bekannten, unserem „Reisegefährten“ noch Hallo und dann Auf Wiedersehen, und bald konnte die Abreise erfolgen. Man braucht keine vorherige Kung Fu Erfahrung, um an der Reise teilzunehmen. Ich habe definitiv was aus meiner Reise gelernt und viel von diesem geführten Abenteuer mitnehmen dürfen, das ich nunmal als Bereicherung wahrnehmen würde.
Was ist also der Shaolintempel rückblickend für mich? Die Legende besagt, dass dort vor 1500 Jahren der Zen-Mönch Bodhidharma, der aus Indien dorthin gelangte, dort ebendiese Religion des Zen weithin bekannt machte, nachdem er 9 Jahre durchgehend vor einer Höhle meditiert hatte. Im Jahr 2018 war es für mich eine Reiseerfahrung, die ich andernorts noch nicht so erlebt hatte. Man sagt, jede Reise sei anders – aber für Shaolin gilt: diese Reise ist für jeden anders, jeder nimmt diese sehr spezielle Reise anders wahr. Daher bin ich auch glücklich, meine Erfahrungen hier noch einmal niederzuschreiben, um die schönsten „Passagen“ noch einmal gedanklich Revue passieren zu lassen.